Teltow zwischen Wassersport, Rübchen und Preußenkönig

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Teltowkanal bei Teltow im Fläming
12 Mrz

Teltow zwischen Wassersport, Rübchen und Preußenkönig

12. März 2021

Teltow Stadt im Landkreis Potsdam-Mittelmark zwischen Wassersport, Rübchen und Preußenkönig

Im stetigen Wechsel tauche ich mein Paddel in den Teltowkanal. Erst links, dann rechts, dann wieder links. Mit dem Wind im Rücken gleite ich in Richtung Westen zum Machnower See. Die Sonne blendet mich über die Spiegelungen im Wasser. Und ich liebe es. Es ist dieses merkwürdige Gefühl der Freude, das in meinem Körper brodelt. So wie nach einem grauen Winter, wenn die ersten Sonnenstrahlen für einige Minuten durch die Wolkendecke blitzen. Und das spüre ich auch jetzt. Mitten im Herbst. In Brandenburg. Alles scheint in diesem Moment so perfekt.

Schön, dass es hier die neue Möglichkeit zum Wassersport gibt.


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Kajak-Tour auf dem Teltowkanal

1906 entstand der Teltowkanal. Er sorgte maßgeblich dafür, dass sich die einstige Ackerstadt Teltow zur Industriestadt entwickelte. Die Stadt florierte und wuchs schnell. Aber das lag auch an der Nähe zu Berlin. Händler und Geschäftsreisende, die aus südlicher Richtung kamen, übernachteten vor der Ankunft in Berlin gerne in Teltow. Bis heute wächst die Stadt. Doch heute sorgt eher die grüne Lage vor der Hauptstadt für den Bevölkerungsanstieg. Hauptstädter, die das Leben zwischen Verkehrslärm und Smog bei steigengenden Mieten satt haben, ziehen nach Teltow.

Dort wartet der Gegenentwurf. Unglaubliche 62 Prozent der Fläche stehen als Wald-, Sport-, Grün- oder Wasserflächen der Erholung zur Verfügung. Auch die Naturräume sind vielfältig. Besonders hervorzuheben sind die Buschwiesen, die auch Hollandwiesen genannt werden. Die Biotope mit ihren kleinen Waldflächen bilden einen wichtigen Lebensraum für Hasen, Rebhühner, Rehe, Füchse und Wildschweine.

Um die Landschaft vom Wasser zu entdecken, ist es inzwischen auch möglich ein Kajak, Kanu oder SUP-Board zu mieten und den Kanal dabei sportlich zu nutzen. Das kannst du am neuen Stadthafen Teltow mieten. Erwarte beim Ausleihen nicht zu viel der Einweisungen und Informationen. Der Brandenburger hält es gerne kurz. „Schon mal gefahren?“ – „Ja.“ – „Gut.“ Und auf geht die wilde Fahrt.

In südwestlicher Richtung führt der Teltowkanal zum Machnower See und der Schleuse Kleinmachnow, nach Nordosten in Richtung Berlin. Ich entscheide mich für die Strecke in Richtung Schleuse. In die andere Richtung werde ich später einfach mit dem Fahrrad fahren.

Wichtigste Grundregel auf dem Wasser: Fährst du mit dem Wind im Rücken irgendwo hin, dann solltest du bedenken, dass du auf dem Rückweg vermutlich gegen den Wind paddeln musst. Das ist generell kein Problem, es sei denn du hast einen Tisch im Restaurant reserviert…

 

Stadthafen Teltow

Teltowkanal bei Teltow im Fläming

Machnower See vor Schleuse

Teltowkanal mit Blick nach Osten in Richtung Berlin

Stadthafen Teltow

Kajak auf Teltowkanal

 

 

Teltower Rübchen-Suppe auf dem Marktplatz

Zurück vom Teltowkanal und mit nasser Hose zurück auf dem Land. Jetzt ist das Restaurant Böfflamott die ideale Anlaufstelle. Das Restaurant wirbt mit regionalen und saisonalen Speisen. Interessant ist an dem Restaurant auch, dass der Name vom Französischen „Bœuf a la mode“ abgewandelt wurde. Dieses Gericht brachten die Hugenotten nach Teltow und es wurde einfach eingedeutscht. Es bezeichnet einen geschmorten Rinderbraten in pikant gewürzter Sauce, der nach einem historischen Rezept nur so im Böfflamott zubereitet wird.

„Die Tagessuppe an diesem Tag?“  – „Teltower Rübchen-Suppe.“ – „Gerne.“

Als Vorspeise, versteht sich.

Kurz denke ich darüber nach, dass eine Käsesuppe vermutlich auch eine gute Wahl gewesen wäre. Dann wird das Süppchen serviert und ich schäme mich ganz plötzlich für meinen Gedankengang. Es ist aromatisch und cremig. Fast wie eine Käsesuppe. Nur vermutlich viel gesünder. Angebaut wird das Original nur von den Familien Szilleweit und Schäreke. Auf den Höfen der Familien kann man auch für Zuhause einkaufen. Eine ideale Möglichkeit, um den Genussausflug daheim noch etwas zu verlängern.

 

Restaurant Böfflamott in Teltow

Teltower Rübchen Suppe

Feta Käse im Restaurant Böfflamott

Teltower Rübchen von Familie Schäreke

Ronny Schäreke baut aktuell im 3. Jahr das Teltower Rübchen an. Er hat das aufwendige Geschäft mit der Rübe von seinem Vater übernommen. Das Teltower Rübchen ist eine besondere Speiserübe, benannt nach der Teltower Kulturlandschaft und späteren Brandenburger Kreis „Teltow“ (nachträglich korrigiert, siehe Kommentare). Kurioserweise wächst das Teltow Rübchen nur in Teltow und Umgebung. Landwirte, die versuchten die Rübe an anderen Standorten anzubauen, scheiterten. Anscheinend braucht die Pflanze den sandig-lehmigen Boden dieser Region.

Schon 1723 wurden Rezepte für die Zubereitung des Rübchens im Brandenburgischen Kochbuch veröffentlicht. Heute ist es vor allem der Kollege Jens Grabow, der für die Veredlung der Rübe sorgt. Jens besitzt eigentlich eine Druckerei, kocht aber in der Freizeit unheimlich gerne. Dann nimmt die Rübchen von Schäreke und macht daraus Senf, Ketchup, Fruchtaufstriche und sogar Wein.

Hätte ich vor einem Jahr davon gehört, dass ich mich mal so für ein Rübchen interessieren würde … ich hätte mich selbst für nicht mehr ganz bei Sinnen gehalten. Doch diese Suppe im Böfflamott hatte es mir angetan. Von Ronny Schäreke bekam ich noch ein Körbchen für Zuhause. Daraus machte ich eine der besten Suppen, die ich je gekocht hatte. Und das Rezept geht so.

 

Ronny Schäreke und Jens Grabow

Ronny Schäreke und Jens Grabow

Korb mit Teltower Rübchen

 

Rezept Teltower Rübchen Suppe

Zutaten für 4 Personen:

1 kg Teltower Rübchen
200 ml Sahne
Salz, Pfeffer, Muskat
1 Prise Zucker
100 g Schmelzkäse
1 Schuss Weißwein

Zubereitung: Die Rübchen waschen, schälen und würfeln. Eine Heidenarbeit. Anschließend mit Gemüsebrühe oder Wasser gut bedecken und weich kochen. Danach die Sahne, Schmelzkäse und Wein zugegeben und alles gut pürieren. Anschließend mit Salz, Pfeffer, Muskat und Zucker würzen und mit Weißwein abschmecken. Et voilá.

 

Übrigens: Eine kurze Anreise ist für nachhaltiges Reisen immer ideal. Teltow liegt nur 20 Kilometer vor Berlin und eignet sich daher für Berliner ideal für nachhaltigen Tourismus. Weitere Tipps für nachhaltiges Reisen in Deutschland habe ich hier aufgeschrieben.

Stadtrundgang mit Friedrich dem Großen

Schon Goethe und Kant sollen das Teltower Rübchen geliebt haben, erzählt mir nach dem Besuch im Restaurant Hermann Lamprecht. Und dieser Mann ist eine Legende. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Denn für den Heimatverein zieht Hermann Lamprecht gerne ein Kostüm von Friedrich des Großen an. Damit stolziert er dann durch die Stadt, hält Reden auf Festen oder unternimmt Stadtrundgänge und klärt Reisende über die wunderbare Geschichte Teltows auf. Dabei thematisiert er den Aufschwung der Stadt mit der Verleihung des Marktrechts im Jahr 1265 bis zur modernen Gegenwart.

Und auch sonst hat der humorvolle und schlagfertige Preußenkönig allerlei von Teltow und seinem Leben in der Stadt zu erzählen. Um das zu erleben, bucht man am besten eine der vier jährlichen Stadtführungen. Informationen darüber gibt es auf der Website des Heimatvereins Teltow.

 

 

Hermann Lamprecht als Friedrich der Große

Hermann Lamprecht als Friedrich der Große

Hermann Lamprecht als Friedrich der Große

Marktplatz Teltow

Kirche in Teltow

 

Offenlegung: Teltow lernte ich bei einer Kooperation mit dem Tourismusverband Fläming kennen. Ich war für die Recherche des Fläming Reiseführers 2021 vor Ort. Alle Kosten für Anreise, Eintrittsgelder und Verpflegung wurden vom Tourismusverband übernommen, meine Meinung wurde davon nicht beeinflusst. Auch interessant ist für dich vielleicht auch mein Besuch in Baruth / Mark.

 

Kommentare
  • René Lehmann
    4. Mai 2021, 12:56

    Ein sehr schöner Bericht, der allerdings einer kleinen Korrektur bedarf.

    Im Text heißt es: „Das Teltower Rübchen ist eine besondere Speiserübe, benannt nach der Stadt Teltow und ihrem Umland. Kurioserweise wächst das Teltow Rübchen nur in Teltow und Umgebung. Landwirte, die versuchten die Rübe an anderen Standorten anzubauen, scheiterten. Anscheinend braucht die Pflanze den sandig-lehmigen Boden dieser Region.“

    Das ist leider nicht ganz richtig bzw. eigentlich richtig falsch. Das „Teltower Rübchen“ ist nicht benannt nach der Stadt und (nur) seiner Umgebung, sondern das Teltower Rübchen ist benannt nach der deutlich größeren Kulturlandschaft und späteren Brandenburger Kreis „Teltow“. Der Anbau des Teltower Rübchens ist für den gesamten Teltow belegt. Ein Gebiet, das einst (grob beschreiben) von der Spree im Norden bis vor/in das Baruther Urstromtal im Süden und von Nuthe und Havel im Westen bis zur Dahme im Osten reichte. Selbst für Mittenwalde, einst ein Ort des Teltow und heute im Landkreis Dahme-Spree, ist der Anbau des Teltower Rübchens belegt. Richtig ist zwar, daß der karge sandige Boden die benötigte Grundlage bildete, aber die findet man eben in weiten Teilen der Kulturlandschaft namens Teltow. Die Stadt Teltow dürfte Ihren Namen von der „Telte“ haben, einst ein ordentliches Fließgewäßer, welches den Teltow von Ost nach West (vom späteren Steglitz bis in den Gribnitzsee durchschnitt. Die Telte, später nur Bäke genannt (niederdt. für Bach) ging später fast komplett im Teltowkanal, dern den Kreis komplett durchschnitt auf. Ursächlich für das Verschwinden der eigentlichen Bedeutung des Begriffs „Teltow“ aus dem Bewußtsein selbst seiner Einwohner dürfte sein, daß der Kreis Teltow 1952 aufgelößt wurde und nach der Wende zu gunsten der nun neu geschaffenen Sektoralkreise nicht wiedergeboren wurde. Ganz wesentlich aber sicherlich auch, daß die drei historisch bedeutsamen Landschaften und Gebiete namens Fläming, Teltow und Zauche heute nur unter „Fläming“ vermarktet werden. Aber eines war das Teltower Rübchen nie: Eine Frucht des Fläming. Der Fläming beginnt nämlich erst südlich des Teltow

  • René Lehmann
    5. Mai 2021, 9:59

    Hallo Steven Hille, danke für die schnelle Änderung. Vielleicht noch eine kleine „Anekdote“ zu Goethe. Dieser soll das Rübchen wohl öfter bei seinem Briefreund Carl Friedrich Zelter bestellt haben, nur das Goethe sie wohl „Märkische Rübchen“ nannte…

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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