Regenwald Tour mit Aborigine Tom im Daintree Nationalpark

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regenwald tour mit tom
30 Jul

Regenwald Tour mit Aborigine Tom im Daintree Nationalpark

30. Juli 2019

Regenwald Tour mit Aborigine Tom im Daintree Nationalpark
Tom spricht geradezu verschwörerisch in seiner Muttersprache Kuku Yalanji und wendet sich an die Geister des Waldes. Ich bin kurz davor heiliges Land in Queensland in Australien zu betreten und laufe mit starrem Blick um ein Lagerfeuer. Weißer Rauch zieht an mir vorbei und zäh in den Wald hinein. Er stammt von der Rinde, die Tom kurz zuvor auf das Feuer gelegt hat. Die Zeremonie soll mich von bösen Geistern befreien. Nach drei Lagerfeuerrunden bin ich bereit für die Ngadiku Wanderung im Daintree Nationalpark.


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Ngadiku Wanderung im Daintree Nationalpark

„Ngadiku“ handelt in der Übersetzung von den Geschichten und Legenden alter Zeiten der Kuku Yalanji. Das alte Volk der Aborigines lebte schon vor 4000 Jahren hier im Norden Queenslands, im Nordosten Australiens. Wie fast alle Begegnungen zwischen Ureinwohnern und Siedlern endeten auch das Aufeinandertreffen zwischen Europäern und Kuku Yalanji nicht gut. Schuld daran waren vor allem der Goldrausch am Palmer River Ende des 19. Jahrhunderts. Doch der starke Widerstand der Kuku Yalanji war erfolgreich. Heute gehören dem Stamm 5700 Quadratkilometer im Daintree Nationalpark – im ältesten Regenwald der Welt.
(Hinweis: Ob es sich hier wirklich um den ältesten Regenwald der Welt handelt, kann ich leider nicht genau prüfen. Dieses Superlativ hörte ich unter anderem schon im Khao Sok Nationalpark in Thailand und bestimmt auch ein paar weitere Male.)
Aber zurück zur Regenwald Tour in Queensland: Von den grausamen Tagen der Vergangenheit verliert Tom Creek kein Wort. Die Kuku Yalanji haben sich nicht der Aufbereitung der Vergangenheit verschrieben, sie wollen das Wissen des Waldes vermitteln und Reisenden zeigen, wie das Volk Jahrtausende in der Lage war im Einklang mit der Natur zu leben. Und das ist durchaus beeindruckend. Blicke ich in den Wald, so sind für mich keine Lebensmittel klar erkennbar.

So ernährte man sich lange im Regenwald

Als Basis für die Ernährung der Kuku Yalanji dienten lange Zeit Yamswurzeln. Die kohlenhydratreiche Kost wurde in den kleinen Bächen des Regenwaldes gereinigt und danach gekocht. Dazu gab es die Früchte des Waldes, Fleisch, Süßwassergarnelen und Insekten. Tom zeigt mir, wie er mit Hilfe einer kleinen Rankpflanze Raupen aus einem Baumstamm angelt. Früher hat er sich einen Spaß daraus gemacht die Kinder des Stammes nach dem Geschmack zu befragen. Schmeckt nach „Schmelzkäse“ sagten die einen, andere verglichen es mit „Erdnussbutter“ oder „Austern“. Jeder empfindet den Geschmack anders, meint Tom.

Früher lebten die Kuku Yalanji vom Regenwald, heute von den Touristen

Heute ernährt sich der Stamm natürlich viel moderner. Auch wenn es für die Gäste die Möglichkeit gibt Tee und Muffins zu probieren, die über dem Lagerfeuer zubereitetet wurden, gibt es im sehr touristischen Besucherzentrum ein außerordentlich gut ausgestattetes Restaurant. Daneben können Souvenirs gekauft werden. Gründer Roy rechtfertigt die touristische Infrastruktur damit, dass er den Kindern des Stammes eine Perspektive für die Zukunft schaffen wollte. Die Kuku Yalanji mussten den Schritt in die moderne Welt wagen und ein bedeutender Wirtschaftszeig ist eben der Tourismus. Das lässt sich nicht abstreiten und man kann ihm die Entwicklung nicht übel nehmen. Immerhin: Im Regenwald selbst bekommt man von den anderen Touristen nichts mit und kann entspannt die Natur entdecken. Gerade das ist es, was mir auf Reisen immer wieder großen Spaß macht.
Im Regenwald des Daintress Nationalparks ist neben Tom und Roy auch Mooks festangestellt. Wir treffen ihn während unserer Tour durch den Regenwald. Auch er führt eine Gruppe durch den Wald. Weitere sechs Guides arbeiten nebenberuflich und sorgen so für das Auskommen der Familien. In kleinen Gruppen spazieren sie mit den Touristen. Besonders anstrengend ist die Dschungel-Wanderung nicht. Die Wege sind einfach zu begehen. Und alle paar Meter wird für eine kleine Anekdote angehalten. Tom hat während der zweistündigen Wanderung so viele Informationen, sodass wir mehrere Tage im Regenwald bleiben könnten. Er zeigt mir, welche Blätter ich zum Waschen im Fluss verwenden kann, wo ich Süßwassergarnelen finde, wie ich eine Muskatnuss öffne und wofür man die qualmende Rinde vom Lagerfeuer noch verwenden kann. Zum Beispiel als Bettdecke, für die Bedachung einer Hütte oder als Windel. Und er zeigt mir auch welches Wurzelholz ich für den Bau eines Bumerangs verwenden kann.
Dabei ist der Nachhaltigkeitsgedanke der Kuku Yalanji vorbildlich: Wurde einem Baum schon Holz entnommen, ist er ab sofort tabu. „Aus Respekt“, erklärt Tom dieses Vorgehen. Zwar bedienen sich die Kuku Yalanji aus der Natur, jedoch nehmen sie nie so viel, dass es einen Schaden anrichten könnte. Ein Kredo, das auch für die moderne Welt gelten sollte.
 

aus diesem baum wird ein Bumerang

Aus diesem Baumstamm wurde Holz für einen Bumerang entnommen.

Die Wassergötter der Mossman Gorge im Daintree Nationalpark

Dann spitzt Tom die Ohren. Er hört einen seltenen Vogel. Sein Ruf kündigt an, dass es in den nächsten Tagen regnen wird. Der Regen wird die Felsschlucht Mossman Gorge mit Wasser füllen und die Kleinstadt Mossman versorgen, wie er es schon seit einhundert Jahren macht. Mossman gilt als Zentrum der Zuckerherstellung und entstand aus einer einzigen Farm, die Anfang des 20. Jahrhunderts schnell wuchs. Zwischen rundgespülten Felsen rauscht hier noch immer der Mossman River in das Tal. Ich fülle meine Trinkflasche auf. Hier oben kann man das Wasser ohne Probleme trinken.
Wasser ist der Ursprung allen Lebens, weiß Tom. Daher soll ich dem Geist des Wassers ganz besonderen Respekt zollen. Kurz bevor ich das Flussbett verlasse, bedanke ich mich mit „Yalada banabubu“ beim Wassergott.
„Yalada“ ist ein Wort, das viele Verwendungsanlässe kennt. Es heißt „Hallo“, „Ja“, „Okay“ und kann fast immer verwendet werden. Als Tom wieder etwas zu ausschweifend erzählt und sich Roy Gedanken um unseren Verbleib im Regenwald macht, schlägt er mit einem Ast gegen des mächtige Wurzelwerk eines Baumes. Der dumpfe Hall verbreitet sich rasch im ganzen Wald. Tom kennt die Frage und antwortet mit einem kräftigen „Yalada“ in das grüne Dickicht des Waldes. „Yalada“ – uns geht es gut und wir kommen gleich. Dieses Wort hat wirklich viele Bedeutungen.
Als ich wenig später auf der Weiterreise bin, denke ich über Tom und sein Wissen über die Natur nach. Ich checke den Regenradar meines Telefons und muss schmunzeln. In ein paar Minuten wird es im Daintree Nationalpark regnen. Tom hatte mit seiner Prognose also recht.
Alle Infos zum Mossman Gorge Center findest du hier.
Offenlegung: Ich wurde nach Queensland (Australien) von Queensland Tourism eingeladen. Meine Meinung wurde von der Einladung nicht beeinflusst. Die CO2-Emissionen für meine An- und Abreise habe ich mit Atmosfair kompensiert. Dieser Beitrag ist zunächst in der WELT am Sonntag und online auf welt.de erschienen.

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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