Meeresschutz in Kenia: Vom Malermeister zum Meeresschützer
Meeresschutz in Kenia: Vom Malermeister zum Meeresschützer
Vor lauter Aufregung kann ich Steves Worten gar nicht richtig folgen. Mein größter Reisewunsch hat sich eben zum zweiten Mal erfüllt. Ich habe Delfine gesehen. Etwa zwanzig Stück. Ganz nah waren sie für wenige Sekunden vor unserem Boot, ehe sie abtauchten und irgendwo hinter der Whale Island vor der Küste Kenias verschwanden. Der Job meines Begleiters ist es dafür zu sorgen, dass die Delfine nicht für immer verschwinden. Zusammen mit einigen Menschen aus der Region befreit er das Meer vom Müll.
„Mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% sieht man im Watamu Marine Nationalpark Delfine“, erklärt mir Steve Trott, Development Manager im Nationalpark. Und sorgt dafür, dass es so bleibt. Inzwischen ist er fast jeden Tag auf dem Meer. Ein Tagesablauf, der vor einigen Jahren undenkbar war. Denn der in Liverpool geborene Brite arbeitete 15 Jahre als selbstständiger Maler, ehe er das eigene Unternehmen hinschmiss und in Wales Meeresbiologie studierte – mit Mitte 30. Warum? Er wollte sein Leben mit Sinn, nicht mit Geld füllen. Seitdem hat er sich dem Schutz der Meere verschrieben, arbeitete in Griechenland und Costa Rica und nun in Kenia.
Doch wie sieht sein Job eigentlich aus? Als Development Manager ist er ständig dabei neue Projekte zu kreieren. Seine Motivation ist es Wissen weiterzugeben, langfristige Arbeit und Verdienstmöglichkeiten für die Kenianer zu schaffen und dabei die Umwelt zu schützen. Ich bin neugierig wie er alle Anforderungen unter einen Hut bekommt und vereinbare ein Treffen in seinem Vorzeigeprojekt, der „Eco World“.
Von Müll zu Moneten: Ein Umweltprojekt für Meeresschutz in Kenia
Ein Tuktuk bringt mich am nächsten Tag in wenigen Minuten durch das Dorf Dabaso. Direkt dahinter befindet sich die Eco World. Vor einem Haus, das aus tausenden Flaschen gebaut wurde, treffe ich den Projektleiter der Eco World. Er wirkt etwas verschlafen. Es ist heiß und die kleine Regenzeit bringt viel Luftfeuchtigkeit mit sich, sodass man am liebsten den ganzen Tag unter einer Palme dösen möchte. Genau dort habe ich ihn wohl gerade geweckt.
„Was willst du sehen?“, fragt er, als hätte er keine Zeit.
„Alles.“, antworte ich euphorisch.
Wir machen einen Rundgang über das Grundstück. Alles begann 2009 mit einer Strandsäuberung. Damals trommelte Steve einige Menschen aus der Bevölkerung zusammen und organisierte ein Beachcleaning, das bis heute zwei Mal die Woche stattfindet. Doch nach dem Reinemachen am Strand stellte sich die Frage: Wohin mit dem Abfall?
Zwei Jahre später kaufte Steves Arbeitgeber ein Stück Land. Auf dieser Fläche wird bis heute Abfall recycelt. 22 Kenianerinnen und Jugendliche arbeiten zwei Mal wöchentlich als Müllsammler am Strand. Zwei Recycler sind fest angestellt und sortieren den Müll. Das Plastik wird von ihnen nach Farben sortiert, geschreddert und für etwa 28 Cent je Kilo in Mombasa verkauft. Harte Arbeit, die sich auszahlt. Denn der Müll verschwindet aus den Meeren und die Menschen erhalten eine bezahlte Beschäftigung. Weitere kleine Einnahmen erhalten sieben Künstler, die aus Müll Figuren und Bilder kreieren. Ihre Artworks werden an Touristen verkauft.
Kochen ohne Abholzung: Kuhmist statt Holz
„Und was ist das?“, frage ich und zeige auf ein weiße Plane. Mein Begleiter hebt sie und verrät mir, dass sich darunter Kuhdung befindet. Alle vier Wochen erhält die Eco World eine neue Ladung. Unter der Plane sammeln sich Gase, die über eine Leitung in eine kleine Hütte geleitet werden. Und dort wird damit gekocht. Ganz ohne Holz sammeln, Abholzen oder teure technische Investitionen.
Ich bin begeistert und freue mich darüber, dass es nicht Steve ist, der mich rumführt. Er ist zu bescheiden und würde einige Details vernachlässigen. Immer mehr Menschen aus der Umgebung interessierten sich inzwischen für die Projekte der Watamu Marine Association. Erst vor ein paar Tagen wurde hier eine Schulklasse betreut. Den Schülern wurde gezeigt, wie sie Briketts aus alten Blättern und Altpapier pressen können.
„Und was interessiert die Kinder am meisten?“, frage ich. Der Angestellte der Eco World zeigt auf eine Hauswand. Ein Delfin, wurde an ihr aus 1.000 Weinflaschen geschaffen.
„Kunst?“, frage ich.
„Nein, es interessiert sie, wie wir das schützen können, was uns die Natur geschenkt hat.“
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Meinen Text über den idealen Urlaub in Kenia, in dem ich 6 geniale Reisetipps gebe, findest du hier.
Dieser Beitrag ist zunächst in der WELT am Sonntag und online auf welt.de erschienen.
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