Elefantenreiten in Thailand ist Tierquälerei – Suche nach einer Alternative

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21 Nov

Elefantenreiten in Thailand ist Tierquälerei – Suche nach einer Alternative

21. November 2019

Elefantenreiten in Thailand ist Tierquälerei – Auf der Suche nach einer Alternative

Die Wolken hängen tief an diesem Morgen über dem Khao Sok Nationalpark in Thailand. Als mein Fahrer Aik sein Schweigen bricht, biegen wir in östlicher Richtung ab und fahren durch den vielleicht schönsten Nationalpark Thailands, den Khao Sok. Aik fängt an von seinem Elefanten zu erzählen. Moment mal, von seinem Elefanten? Warum hat er einen Elefanten?

Bis vor zwei Sekunden dachte ich, dass ich auf dem Weg zum „Elephant Hills“, einem luxuriösen aber nachhaltigen Dschunglecamp, bin. Doch irgendwie scheint alles anders zu kommen. Ich bin gefrustet, mein Magen hängt so tief wie die Wolken am südostasiatischen Himmel. Das will ich nicht. Ich will nicht in einen Privatzoo fahren.

Die Geschichte der Elefanten in Thailand

Seit über 4.000 Jahren leben die Thailänder Seite an Seite mit den Elefanten. Sie benutzten sie um dichte Wälder zu durchqueren, als Kriegselefanten oder als Arbeitstiere in der Holzwirtschaft. Seit jeher werden die Tiere nicht gezüchtet, sondern als Jungtiere von den Mahouts in der Wildnis gefangen. Bei der Jagd nach den Jungtieren verlieren bis zu fünf Erwachsene ihr Leben – weil sie versuchen den Nachwuchs zu schützen.

„Junge Elefanten lassen sich viel besser an den Menschen gewöhnen“, erklärt Aik. „Sie sind noch unerfahren und haben keinen starken Charakter“, führt er fort. Mir fällt auf, dass „an den Menschen gewöhnen“ viel zu harmlos klingt. Den Tieren wird auf entsetzliche Art und Weise durch brutale Schläge der eigene Wille gebrochen. Und das passiert nicht nur einmalig, sondern ihr Leben lang. Mindestens ein Mal im Jahr, zur Brunftzeit, vergrößert sich der eigene Willen der Tiere. Bei Elefantenbullen nennt man dieses Verhalten Musth. Es ist umstritten, ob es eine Folge der Brunft ist oder ein pubertierendes Verhalten darstellt. Fakt ist jedoch, dass die Tiere in diesem Moment versuchen Herr der Lage zu werden.

Vor vier Jahren musste ich die Bestrafung eines verspielten Babyelefanten in der alten Königsstadt Ayutthaya miterleben. Der kleine Dickhäuter hatte einen Eimer mit Bananen umgeworfen. Daraufhin kletterte einer der Mahouts auf den Rücken des Elefanten und schlug mit einem Vorschlaghammer dutzende Male auf die Stirn des Jungtieres. An das dumpfe Geräusch beim Aufprall auf der Stirn und die darauf folgenden Schreie erinnere ich mich bis heute. Elefantenreiten wollte direkt nach dieser Tat fast niemand mehr.

Um den Tieren besonders intensive Schmerzen zuzufügen haben Mahouts, Dompteure und Pfleger sogenannte Elefantenhaken. Entweder wird das Tier mit einem der Dornen gestochen oder mit der Breitseite des Stabs geschlagen. Egal wie – es ist grausam.
Wer sich das mal ansehen möchte, sollte sich auf den Seiten der Peta informieren. Bei der Peta gibt es auch besonders grausame Videos dazu.

Elefantenpflege statt Elefantenreiten?

Als wir über seine Plantage fahren, scheint Aik meine Skepsis nicht zu spüren. Er baut Ölpalmen und Gummibäume an. Als wir den Geländewagen parken, sehen wir Samboon. Der 55 Jahre alte Elefantenbulle steht im Schatten einer hohen Ölpalme. Er ist an einer kurzen Kette angeleint.

Keine Sekunde später nimmt Aik ihm die Kette ab. Er bedauert es, dass er Samboon anketten muss. Bis vor einem Jahr konnte der Elefantenbulle sich ohne Einschränkung auf der Farm bewegen. Doch die Nachbarn empfanden den drei Tonnen schweren Elefanten als Bedrohung, ärgerten sich über umgestoßene Nutzpflanzen und meinten sie würden ihn demnächst erschießen. Als Vorsichtsmaßnahme wird Samboon seit dem angeleihnt. So jeden Falls die Erklärung.

Samboon wurde im Alter von 5 Jahren in Lampang, südlich von Chiang Mai gefangen und arbeitete mehrere Jahre in der Holzwirtschaft. Danach kam er nach Krabi und arbeitete mit Touristen. Mehrmals täglich wurde sein Rücken an unwissende Touristen vermietet. Denn von den Qualen, die die Tiere für den vermeintlichen Gehorsam erleiden müssen, wissen die meisten nichts. Sie haben nur den Moment vor Augen, in dem sie auf das Tier treffen.

Aiks Großvater war es schließlich, der Samboon für umgerechnet 18.000 Euro in den Khao Sok Nationalpark holte. Der Dickhäuter wurde in Krabi nicht mehr gebraucht. Er lahmte und hatte einen Tumor am Bein. Aik und sein Großvater kümmerten sich um ärztliche Pflege und entschieden sich gemeinsam dafür, dass Samboon fortan gepflegt werden sollte.

Da ein ausgewachsener Elefant etwa 300 Kilogramm Nahrung am Tag zu sich nimmt, setzten sie auf die Hilfe von Touristen. Die Sonchana Farm & Elephant Sanctuary war geboren. Täglich kochen dort bis zu zehn Touristen in liebevoller Prozedur drei Mahlzeiten für Samboon, waschen ihn in einem Wasserbecken und reiben ihn zum Schutz vor Insekten mit Matsch ein.

Für die zweistündige Aktivität nimmt Aik 33 Euro. Pro Person. So wird der Einsatz der Touristen als Elefantenpfleger schnell zur Goldgrube. Dennoch empfinde ich es als positiv, dass Samboon gepflegt und nicht ausgenutzt wird. Für ehemalige Arbeitselefanten ist dieses Vorgehen als letzte Station ihres Lebens vertretbar. Ein neuer Tourismuszweig à la „pflegen statt reiten“ darf dadurch keinesfalls entstehen.

Doch das ist die große Gefahr. Viele Touristen haben inzwischen verstanden warum es keine gute Idee ist auf dem Rücken eines Elefanten zu reiten. Elefanten sind Wildtiere, die zweifelsfrei in die Wildnis gehören. Zwar sind die Tiere gutmütig und wirken auf den ersten Blick harmlos, aber dieses Verhalten erlangen sie nur, weil sie ein Leben lang gefoltert werden. Und genau das gleiche Problem trifft auch zu, wenn zukünftig gepflegt, anstatt geritten wird. Auch Tiere, die von Touristen gepflegt werden, müssen mit dem Elefantenhaken gefügig gemacht werden.

 


Wie gut ist die Sonchana Farm für Elefant und Tier?

Bei Pro Wildlife erkundige ich mich in einem Telefonat, wie nachhaltig die Elefantenaktivität auf der Sonchana Farm ist. Positiv ist, dass Samboon keine offensichtlichen Verhaltensauffälligkeiten zeigt, er nicht zu Arbeits- oder Showzwecken eingesetzt wird und keine Auswirkungen von Gewalt erkenntbar sind. Ausreichend Trinkwasser und Nahrung stehen bereit und auch Bademöglichkeiten sind in der Nähe. Weiterhin ist genug Schatten vorhanden und mit Samboon wird keine Zucht betrieben. Bestrafungen setzt Aik nach eigener Aussage nicht ein. Samboon hört ausschließlich auf akustische Befehle, Verletzungen sind nicht zu erkennen.

Negativ ist, dass Samboon alleine lebt. Da Elefanten unglaublich soziale Tiere sind, stellt diese Tatsache das größte Problem dar. Er vereinsamt.

Was viele nicht wissen: Elefanten können Tuberkulose übertragen. Daher sollten Touristen niemals direkten Kontakt zu den Tieren haben. Das Streicheln des Tieres oder ein Wasserstrahl aus dem Rüssel könnten die Krankheit übertragen. Nicht gut ist außerdem das Baden und Abrubbeln des Tieres mit Kokosnussschalen. Obwohl Elefanten Dickhäuter genannt werden, haben sie sehr empfindliche Haut. Das Abrubbeln der Haut mit Kokosnussschalen ist viel zu grob und verletzt die Haut.

Schlussendlich sind Elefanten immernoch Wildtiere. Das macht sie unberechenbar. Das Zusammentreffen von Mensch und Elefant ist also immer eine Gefahr für beide.
Fakt ist: Aik macht einiges richtig. Doch die Probleme überwiegen, so dass ein Besuch der Farm nicht zu empfehlenswert ist.

Und selbst wenn Aik alles richtig machen würde, ist die Gefahr groß, dass andere Menschen aus den Elefanten ebenfalls ein Geschäft machen. Jungtiere würde wieder im Wald gefangen werden und die Qualen der Tiere würden niemals ein Ende nehmen.

Was sind Alternativen zum Elefantenreiten?

Am nachhaltigsten ist es für Touristen Elefanten in uneingeschränkter Wildnis bei einer Safari, im Nationalpark oder einem uneingeschränkten Elefantencamp zu bestaunen. Wichtig ist es dabei, dass Menschn und Tier niemals die Möglichkeit haben sollten sich gegenseitig zu berühren. In vielen Elefantencamps leben die Tiere artgerecht ohne den Einfluss des Menschen – so wie es sein sollte.

In Thailand ist sind wohl diese Elephant Sanctuarys vertrauens- und empfehlenswürdig:
– Boon Lott’s Elephant Sanctuary
– Burm and Emily’s Elephant Sanctuary
– Kindred Spirit Elephant Sanctuary
– Phuket Elephant Sanctuary
– Elephant Nature Park
– Elephant Valley Thailand
„Und was passiert mit der Sonchana Farm, wenn Samboon irgendwann stirbt?“, frage ich zum Abschluss, um herauszufinden, ob es Aik um das Tier oder ein Geschäft geht. „Dann war´s das. Ich will keinen neuen Elefanten.“, antwortet Aik und erweckt in mir den Eindruck, dass er nur das Beste für Samboon will und sein Engagement nicht um des Geldes Willen betreibt.

 

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Die Tour zur Sonchana Farm in Thailand habe ich bei einem deutscher Reiseveranstalter für nachhaltigen Tourismus gebucht und bezahlt. Nach der Rückkehr stellte ich den Reiseveranstalter zur Rede. Die von mir angesprochenen Probleme, die ich nach dem Telefonat mit Pro Wildlife gut erklären konnte, waren nicht bekannt. Nach kurzer eigener Recherche nahm der Reiseveranstalter die Sonchana Farm aus dem Programm. Für mich war das ein wichtiges und gutes Signal.

Ist euch schon mal etwas Ähnliches auf Reisen aufgefallen? Sprecht es an. Es bewirkt Wunder.

Dieser Text erschien in einer kürzeren Version im August 2017 zuerst in der WELT am Sonntag.

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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