Volunteering in Uganda: Warum ich 1000 Euro ausgebe, um 3 Wochen zu arbeiten.

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9 Mrz

Volunteering in Uganda: Warum ich 1000 Euro ausgebe, um 3 Wochen zu arbeiten.

9. März 2015

Vorgestern bin ich um 14.53 Uhr in mein vielleicht größtes Abenteuer gestartet. Ich bin nach Uganda geflogen und werde hier drei Wochen als Volunteer arbeiten. Bevor ich auf die Beantwortung der eigentlichen Fragestellung komme, hier ein kurzer Abriss zu den letzten Wochen und wie ich auf das Projekt aufmerksam wurde.
Volunteering in Uganda, einem Entwicklungsland, das es nötig hat
 

Die Wochen vor der Abreise nach Uganda.

Die letzten Wochen waren für mich sehr anstrengend, haben aber extrem viel Spaß gemacht. Ich wurde wieder darin bestätigt, dass meine Entscheidung richtig war, die Festanstellung zu verlassen und als Student und Freelancer zu leben und zu arbeiten. Auf der ITB Berlin und den umliegenden Events habe ich mit sehr vielen inspirierende Menschen gesprochen. Getroffen habe ich junge Unternehmer, die hinter ihren Ideen stehen, für ihre Ideen kämpfen und sich auch nach ein oder sogar zwei erfolglosen Jahren nicht unterkriegen lassen. Und ich habe Menschen getroffen, die ihre Träume leben. Peter zum Beispiel, der inzwischen schon 70 Jahre alt ist und viel durch die Welt reist. Oder Holger, der nach zwei Herzinfarkten endlich die Not der Lage erkannte und aus dem Job ausstieg. In allen Gesprächen stellte ich fest, dass ich ein ähnlich glückliches Leben aktuell lebe und sehr dankbar dafür bin. Ich bin dankbar meine Träume leben zu können.

Nach den Wochen in Uganda geht es nach Kenia. Ich werde die Küste entlang reisen und einige Zeit am Strand arbeiten und versuchen einen Tauchschein zu machen. Ob alles klappen wird, wie ich es mir aktuell vorstelle, werden die nächsten Wochen zeigen.

Besonders seit der letzten Woche war ich etwas aufgeregt, auch wenn ich es nicht zugeben wollte, und erzählte vielen Freunden von meiner Reise ins Unbekannte. Afrika, ein Kontinent, den ich bisher nur aus Fernsehdokumentationen und Blogartikeln anderer Reisender kannte.

Nur wenige meiner Freunde wussten, dass Volunteering-Projekte ein hohes Maß an finanziellem Engagement voraussetzen. Neben der eigenen Anreise muss auch die Unterbringung im Projekt bezahlt werden. Das ist ein kontrovers diskutiertes Thema. Vor Ort arbeiten und dann auch noch dafür bezahlen? Geht´s noch? Was ist Volunteering: Entwicklungshilfe leisten oder Organisationen und der Korruption in die Tasche wirtschaften?

Warum ich fast 1000 Euro ausgebe, um drei Wochen in Uganda zu arbeiten, möchte ich nach dieser ausschweifenden Einleitung gerne versuchen zu erklären. Doch zunächst:

 

Warum Uganda?

Über eine befreundete Journalistin wurde ich auf Uganda aufmerksam. Über Weihnachten war sie vor Ort und half dabei ein Flaschenhaus zu bauen. Ihre Erlebnisse teilte sie über Facebook. Schon Ende letzten Jahres hatte ich vor in meinen Semesterferien zu verreisen. Lange wusste ich nicht wohin mich meine Reisen führen würde. Doch durch Doris’ ehrliche Berichterstattung hatte ich Lust mir vor Ort ein Bild zu machen und mich zu engagieren. In meiner Adventskalenderserie hatten so viele Menschen über gute Taten berichtet, jetzt war es für mich mal an der Zeit selbst etwas Gutes zu tun. Und ich hoffe, dass mein Einsatz etwas bringen wird. Wir werden es sehen.
Volunteering-Uganda-Ausgaben-Kosten-Afrika2

Was erwartet mich beim Volunteering in Uganda?

Da ich nur drei Wochen vor Ort sein werde, wollte ich keine sozialen Projekte übernehmen. Ich wollte nicht mit Kindern arbeiten und auch nicht mit erwachsenen Menschen. Ich glaube, dass solche Jobs viel Zeit zum Kennenlernen und zum Aufbauen von Beziehungen benötigen. In nur drei Wochen würde ich es nicht schaffen und falls es mir gelingen würde, so wäre ich im Anschluss gleich wieder weg. Nein, das wollte ich nicht.

Also fragte ich Matthias, von der Volunterring-Organisation Karmalaya, nach ökologisch nachhaltigen Projekten. Karmalaya hatte bereits viel Hilfe in Nepal geleistet und ist gerade dabei Projekte in Uganda zu etablieren. Aufgrund des Ausbruchs von Ebola gestaltete sich das Akquirieren von Volunteers im letzten Jahr schwieriger als geplant. Es fehlte an Bewerbungen und das, obwohl Ebola in nur 3 von 55 afrikanischen Ländern registriert wurde und sich das Virus ausschließlich an der Westküste ausbreitete.

Somit war es bisher nicht möglich geplante Farmingprojekte aufzubauen. Ich erklärte mich gerne bereit als Pionier nach Uganda zu gehen und beim Aufbau eines Projektes zu helfen und im Anschluss meine Erfahrungen ausführlich zu schildern. Welche genauen Aufgaben auf Bananen- und Ananasplantagen auf mich zukommen, weiß ich aktuell noch nicht. Ich lebe aktuell in der Hauptstadt Kampala, unterhalte mich mit vielen Einheimischen über den goldenen Westen, erhalte Kultur- und Sprachcoachings und lasse mich bezüglich der weiteren Aufgaben überraschen, denn eines habe ich in Uganda schon gelernt: Nur wenn etwas mal gesagt wurde, dann heißt es nicht automatisch, dass es auch gemacht wird. Flexibilität nennen sie das.

Warum entstehen Kosten durch mein Volunteering in Uganda?

„Du bist doch verrückt, fast 1000 Euro zu zahlen, um 3 Wochen in der Hitze Ugandas zu arbeiten.“
Viele glauben, dass Volunteerings komplett kostenfrei sind und der eigene Arbeitseinsatz als ausreichende Investition gilt. Auch die Anreise, so denken viele, wird von der Freiwilligenorganisation übernommen.

Führe Dir doch mal vor Augen in was für ein Land ich reisen werde und in welchen Ländern Volunteerings organisiert werden. Ich reise in ein Entwicklungsland, in ein sehr armes Land, in dem nicht alle Menschen Geld für eine ausgewogene Ernährung haben. Die Einwohner Ugandas verbrauchen nur etwa 35Liter Wasser am Tag (Vergleich Europa: etwa 500 Liter am Tag) und erhalten nur minimale Löhne für vergleichsweise sehr harte Arbeit. Mein Volunteering findet planmäßig als langfristige Entwicklungshilfe statt, so sehe ich das jedenfalls noch heute.

Natürlich bringe ich kein fachliches Know-how mit, wenn es um den Anbau von Bananen oder Ananas geht, aber ich bringe eine andere Kultur nach Uganda. Ich komme aus einem Kontinent, der niemals still steht. In Europa passieren täglich unfassbar viele Dinge. Neue Innovationen, Technologien, Heilmittel, Arbeitsabläufe und vieles mehr überschwemmen unsere Märkte. Die Zeit steht bei uns nie still und immer mehr wird möglich. Wie ist das in Uganda? Warum scheint das Land aus europäischer Sicht per Ferndiagnose stillzustehen? Ich kann es nicht beantworten und bezweifele, dass ich eine Antwort in drei Wochen parat haben werde. Aber vielleicht reicht mein Aufenthalt für einen ersten Eindruck.

Die Menschen vor Ort sind arm, warum und wovon sollten sie also meine Anreise, meine Unterkunft oder gar meine Arbeit bezahlen?

Wofür wird mein Geld während des Volunteerings in Uganda verwendet?

Für drei Wochen Volunteering habe ich 920,00 € bezahlt.*
Kostenübersicht für Volunteering in Uganda, Afrika
40% der Gesamtkosten, 368 Euro, sind Projektkosten im Entwicklungsland.
Dazu zählen zu einem großen Teil die Unterkunft und Verpflegung bei meinen Gastfamilien. Die Bezahlung der Gastfamilie erfolgt nach üblichen lokalen Standards und berücksichtigt räumliche Unterschiede je nach Region. So gibt es im Dorf andere Preisgefüge als in der Stadt. Die Preise liegen in Uganda aktuell zwischen 2-6 Euro/Tag/Volunteer und somit bei bis zu 180 Euro/Monat. Ein Sozialarbeiter oder eine Bürokraft in Luweero verdient in etwa 100 Euro im Monat.
Ein weiterer Teil meines Geldes wird für Transfers vom und zum Flughafen sowie weitere Projekttransfers verwendet. Darin sind der Fahrer, Fahrzeugmiete und Treibstoffkosten enthalten.
Außerdem werden die Gastfamilien bei der Ausstattung, wie zum Beispiel dem Kauf von Betten oder weiteren nötigen Materialien unterstützt.
Weitere Personalkosten entstehen durch Koordinatoren, Guides und Projektmanager vor Ort. Auch mein Ankunftstraining zu Sprache, Kultur, Do’s & Don’ts wird von diesem Anteil bezahlt.
Coaching on arrival beim Volunteering in Uganda

25% der Gesamtkosten, 230 Euro, sind Spenden und Projektentwicklung. 
Wichtig ist, dass Du Volunteering nicht als günstiges Pauschalreisen verstehst. Volunteering heißt für mich Helfen & Spenden. Somit wird ein großzügiger Anteil der Projektkosten für Spenden in langfristigen und bedarfsorientierten Projekten eingesetzt. In meinem Fall ist das beispielsweise das Child Care Center in Kampala, das durch meine Spende unterstützt wird. Um langfristig zu helfen beinhaltet diese Position auch Controlling und Maßnahmenevaluation, um Projekte zu verbessern und so die Erfolge für die Zukunft zu maximieren.
Soweit die Theorie. Nicht selten hört man beim Volunteering von sich selbst bereichernden Organisationen und Korruption im Entwicklungsland. Ich werde leider nicht beurteilen können wohin die Spenden Cent für Cent fließen. Gerade aus diesen Gründen ist Volunteering ein heiß diskutiertes Thema.
Spenden für langfristige Projektentwicklungen verhindern, dass die Menschen vor Ort ausschließlich vom Volunteering leben. Das wäre fatal und falsch. Das Volunteering vor Ort soll eine Hilfe sein, aber nicht die Haupteinnahmequelle. Mit Hilfe der Freiwilligenarbeit sollen vor Ort Projekte geschaffen werden, die es den Einwohnern Ugandas ermöglichen selbstständig ein Einkommen zu generieren. Darunter verstehe ich indirekte Hilfe durch Bildung oder direkte Hilfe wie zum Beispiel den Aufbau von Farmen, kleinen Produktionsstätten oder Vertriebsnetzen.

20 % der Gesamtkosten, 184 Euro, werden für die Suche von weiteren Volontären verwendet.
Schon Henry Ford sagte „Keine Werbung zu machen um Geld zu sparen, ist genauso sinnvoll wie keine Uhr zu tragen, um Zeit zu sparen.“
Mir erscheint es logisch, dass das Recruiting von Freiwilligen ziemlich aufwendig ist und schnell ein paar hundert Euro verschlingt. Da es neben geringen Fördermitteln keine weiteren Einnahmequellen für Volunteerorganisationen gibt, versteht sich diese Position von selbst.

15% der Gesamtkosten, 138 Euro, sind Kosten für Vorbereitungen und Support.
In dieser Position werden Personalkosten, Bürokosten, Kosten für Verbrauchsmaterialien sowie Kosten, die durch Support und Rückrufservice entstehen aufgeführt. Auch wenn sich mein Support in Grenzen hielt, da ich einfach keinen Bedarf anmeldete und ich nur ein Telefonat und wenige Mails mit Karmalaya austauschte, so ist mir auch diese Position plausibel. Alleine die vielen Aufenthalte vor Ort um zuverlässige Netzwerke und Ansprechpartner zu finden, scheinen zeit- und arbeitsintensiv zu sein.

Diese vier Säulen der Mittelverwendung sind verständlicher Weise nicht bis auf den letzten Cent austariert und listen nicht alle Ein- und Ausgaben auf. Ich bin der Meinung, dass das auch nicht nötig ist. Insofern man sich die einzelnen Positionen mal vor Augen führt und beobachtete, dass es sich hierbei um Mittelwerte handelt und bedenkt wie viel Aufwand dahinter steckt, erscheinen alle Positionen logisch und richtig. Interessant wäre lediglich noch die Verschiebung der prozentualen Anteile für längere Vor-Ort-Einsätze zu sehen. Um ein faires Projekt zu schaffen, sollten dann überwiegend die erste Position (= Projektkosten im Entwicklungsland) zu Buche schlagen.

*Die aufgeführten Kostenverteilungen entsprechen den Angaben von Karamalya, die ich lediglich ausformuliert habe. Nach dem Volunteering werde ich mich auf diesen Artikel beziehen und ein Fazit ziehen.
Rund 300 Euro je Woche sind viel Geld. Lange Volunteerings über mehrere Monate wären so nicht zu finanzieren und zehren am Ersparten.

Ich bin gerade ziemlich glücklich und dankbar darüber, dass ich mich für die ersten Wochen um nichts weiter kümmern brauche. Ich wurde vom Flughafen abgeholt, man kocht für mich, zeigt mir Land und Leute, ich ziehe mit den Augen eines Einheimischen durch die Gegend und ich habe ein Bett zum Schlafen. Besser kann es doch nicht laufen. Oder?

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Mit dem Hashtag #VolunteerUganda kannst Du mir bei meiner Reise durch die digitalen Kanäle Facebook, Twitter und Instagram folgen. Erwarte aber nicht zu viele Beiträge, da ich noch nicht einschätzen kann wie oft ich auf eine ausreichende Internetabdeckung zurückgreifen kann. Ich freue mich über deine Fragen und Kommentare. Kannst Du dir vorstellen auch mal ein Volunteering zu machen?
 
 
Anmerkung: Es soll wohl auch kostenfreie Volunteering-Projekte geben. Ich bin gerade noch dabei zu recherchieren woher das nötige Kleingeld kommt. Unterkunft und Verpflegung kosten eine Menge Geld und können meistens nicht von den Einheimischen der Entwicklungsländer getragen werden.
 

Kommentare
  • kevin
    9. März 2015, 19:31

    Da ich deine wunderbare app nun besitze und nutze bin ich wohl der erste deinen überragenden bericht liest!! das macht mich stolz, das ich von meinem großen bruder lese und bisher gar nich wusste das das ja eine art mission ist die du dort zu erfüllen hast! schön das du solche dinge tust, aber nich so schön das ich mich dadurch angesprochen fühle und eigentlich feststellen muss das ich noch gar nichts für die menschheit getan habe!! du bist mir halt nicht nur im alter vorraus!! hab dich lieb! ps ich fahr dein smart so lange und spare dadurch sprit und emission ein;)

  • oli
    9. März 2015, 23:33

    Ich kenne das konkrete Projekt nicht und traue dir auch den nötigen Kripps zu, um zu beurteilen, ob die dich ausnehmen oder nicht. Grundsätzlich bin ich aber bei unbezahlter Arbeit sehr skeptisch.
    Nur Arbeit, die nichts wert ist, ist nichts wert. Wenn jemand einen echten Beitrag leistet, dann ist auch Geld vorhanden. Für unqualifizierte Arbeiten muss man hingegen niemanden aus Deutschland einfliegen, denn ungelernte Arbeitskräfte gibts vor Ort genug.
    Oft ist es ja so, dass die Voluntäre sinnlose Arbeiten verrichten, die niemandem helfen. Nur damit jemand am Ende die 1000 Euro einstecken kann.

  • Heike
    10. März 2015, 9:39

    Ich hab die App nun auch endlich ausprobiert und hoffe auf gute Internetverbindung in den nächsten Wochen…

  • Stephan
    10. März 2015, 11:41

    Ach Steven, immer wieder herrlich zu hören und auch zu lesen, was für GEILE Sachen du immer machst! Ich werde wirklich jedes Mal neidisch, wenn ich lese, wo du dich gerade rumtreibst und was du da machst. Dieses Mal also Volunteering in Uganda, ich kann nur meinen Hut ziehen und dir viel Spaß und eine tolle Zeit wünschen!

  • Mandy
    13. März 2015, 12:57

    Lieber Steven,
    ein sehr schön ehrlicher und aufrichtiger Bericht zu diesem immer wieder kontroversen Thema. Er öffnet auch die Augen und räumt mit den Klischees übers Volunteering auf. Vielen Dank dafür!
    Ich bin gespannt, ob und wie Du die Dinge nach Deinen drei Wochen vor Ort siehst. Vielleicht bleibst Du ja auch länger.
    Liebe Grüße
    Mandy

  • Antje
    13. März 2015, 22:10

    Lieber Steven,
    danke für den interessanten und vor allem ehrlichen Bericht und die Infos zum Volunteering. Ich bin sehr gespannt, was du in den kommenden Wochen erlebst und werde die natürlich weiter folgen! Ich wünsche dir eine großartige und vor allem intensive Zeit in Afrika!
    Liebe Grüße
    Antje

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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