Auf ein Highfive und ein Mittagessen beim Priester der St. Karoli Lwanga Church in Kampala. #VolunteerUganda

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12 Mrz

Auf ein Highfive und ein Mittagessen beim Priester der St. Karoli Lwanga Church in Kampala. #VolunteerUganda

12. März 2015

Der Hahn kräht und ich werde wach. Ein Hahn? Geil, ein Hahn!
Es war eine dieser Nächte, die definitiv hätten länger sein müssen. Nachdem mich Joseph, ein Priester aus einem Dorf nördlich von Luweero, seine Freundin Sissi und mein Aufpasser, Housekeeper und Begleiter Roannie gegen halb fünf Uhr morgens am Flughafen Entebbe aufgelesen hatten, war ich gegen sechs Uhr schlafen gegangen. Ich hatte keinen blassen Schimmer wie spät es sein könnte und schaute auf mein Telefon.
10.07 Uhr. Fuck. Ich sprang aus dem Bett, schnappte mir Waschzeug und Handtuch und flüchtete ins Bad. Bereits seit sieben Minuten war ich zum Frühstück verabredet, denn am Abend zuvor war ich etwas zu protzig mit meinem Mundwerk gewesen.
Ich erzählte meinen Begleitern davon, dass ich fast jeden Sonntag zur Kirche gehe und gerne mal mit Ihnen mitkommen würde. Father Joseph Maria ließ sich nicht lumpen und bestätigte mir direkt, dass wir am Sonntag zusammen in der Messe gehen würden. Ups, das war ja schon morgen – nein – sogar heute.
Nachdem ich nur acht Minuten später am Frühstückstisch saß, lernte ich meine erste Lektion. Die Uhren ticken anders in Uganda. Auch wenn wir vereinbart hatten pünktlich um zehn Uhr zu frühstücken, so war ich bislang der erste am Frühstückstisch.
Nach Toast, Dosenmarmelade, Chapatti, mit Erbsen gefüllten Teigtaschen und schwarzem Tee ging es ans Umziehen.
Auch wenn ich sonst nicht sonderlich schnieke in Berlin zur Kirche gehe, so fühlte ich mich underdressed. Kurze Hosen, Laufschuhe und kariertes Hemd schienen gegen weißes Hemd, feine Stoffhosen und glänzende Lederschuhe durchzufallen. „For you – it’s okay. For us – it would be a catastrophe.“ versicherte mir Sissi, obgleich ich nicht wusste, ob ich mich jetzt besser oder schlechter fühlen sollte.
Katholische Kirche Uganda Nähe Sir Jose Hotel

St. Karoli Lwanga Church gegen 15 Uhr, also lange nach der Messe

Zu meiner Überraschung erreichten wir die St. Karoli Lwanga Church in wenigen Autominuten und waren überpünktlich vor Ort. Erst um zwölf Uhr sollte die einzige englischsprachige Messe des Tages starten. Die Zeit davor verbrachten wir bei kochender Hitze unter einem Sonnensegel. Der fehlende Schlaf und die Hitze überkamen mich. Glücklicherweise ging es den anderen ähnlich, so dass keiner redete und wir bei 35° C eine halbe Stunde ausharrten. Kinder kamen vorbei und verkauften uns für umgerechnet 10 Cent Textblätter für die Messe. Von draußen hörten wir währenddessen Gospelchöre, lauten Applaus und aufbrausende Reden.

Schließlich schlug es zwölf Uhr und wir betraten die Kirche, die ich mir als wesentlich kühler erhofft hatte. Um in die St. Karoli Lwanga Church zu gelangen, mussten wir anstehen. Kurzer Hand kam Roannie auf die Idee sich als Mitglied der Kirchengemeinde registrieren zu lassen. Also machten wir kehrt, füllten seinen Anmeldebogen aus, der eine jährliche Spende von mindestens 5 Euro verlangte, und gingen in die Kirche, in der wir um ein Haar keinen Sitzplatz mehr bekommen hätten.

Der Priester meiner Kirchengemeinde wäre bei diesem Anblick sicher in Freudentränen ausgebrochen: In der Kirche, vor den Eingängen und in den Gängen standen und saßen mehr Menschen als die Kirche an Sitzplätzen hergab.
Katholische Kirche Uganda Nähe Sir Jose Hotel

Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht mehr genau daran erinnern wie der Gottesdienst begann, doch es war ein munteres und interaktives Durcheinander. Mal sang der Gospelchor aus voller Brust, mal betete der Priester und ab und an lasen Kinder Abschnitte aus der Bibel vor. Schließlich kam einer der Diakone zu Wort und es folgte der erste Moment, an dem ich überrascht werden sollte: denn ich wurde in der Predigt erwähnt. Es ging um Selbstbewusstsein und darum, dass man keine Angst haben sollte. Jeder kann alles erreichen, wenn er sich nur die entsprechende Mühe gibt und mit Fleiß und Geduld an seinem Wunsch arbeitet. Auch der weiße Mann ist kein Zauber und wurde nicht mit magischer Kraft geboren. Nach dieser Aussage blickte der Diakon mich an, zeigte mit dem Finger auf mich und fragte: „Oder glaubt ihr dieser Muzungu (= Luganda für weißer Mensch aus Westen) ist mit Zauberkraft geboren?“
Alle lachten. Ich lachte auch, aber nur, weil alle lachten. In diesem Moment fühlte ich mich furchtbar unwohl. Jetzt hatte auch der Letzte, der mein weißes Gesicht nicht hatte hervorblitzen sehen, bemerkt, dass ein Muzungu vor Ort ist.
St. Karoli Lwanga Church Kampala Uganda2

Doch es ging noch weiter. Nach dem Abendmahl kam Father Joseph Maria, der Priester, der mich vom Flughafen abgeholt hatte, zu Wort. Er bestärkte in seinen Worten an die Gemeinde den interkulturellen Austausch.
„Inzwischen bin ich Teil eines Projektes bei dem es um kulturellen Austausch geht und ich freue mich darauf ab nächster Woche mit einem jungen Deutschen auf meiner Farm zu arbeiten. Lasst mich euch Steven Hille aus Deutschland vorstellen, der nach Uganda gereist ist, um unser Land kennenzulernen.“
Das konnte doch nicht sein ernst sein, dachte ich mir und versank, als er auf mich zeigte, zum zweiten Mal in Schamesröte. Freundlich hob ich meine rechte Hand und winkte etwa 300 Gesichtern zu, die mich nun anschauten und klatschten. Im Anschluss stellte Father Joseph Maria auch Roannie und Sissi vor. Die beiden erzählten mir im Anschluss, dass man in solchen Momenten in der Kirche lieber aufstehen sollte als doof zu winken. Um sich nicht selbst hervorzuheben, hatten auch Roannie und Sissi nach ihrer Erwähnung mit der rechten Hand die Gemeinde gegrüßt.

Ich schaute auf die Uhr. Unfassbare eineinhalb Stunden waren inzwischen mit Texten, Predigten, Gebeten, Gesang dem Abendmahl und echt schönen Gospel-Einsätzen vergangen. Das ist daher beeindruckend, weil ich in Deutschland gerne mal im Zehn-Minuten-Takt auf die Uhr schaue und ich außerdem kein Fan des Gospels bin.

Wenigen Minuten später wurde der Gottesdienst beendet und wir marschierten nach draußen. Zwei-drei Mal hörte ich dabei die Wörter Munzungu und bildete mir ein meinen Namen zu hören. Roannie sagte mir, dass wir nun nach Father Joseph Maria schauen wollen. Ich folgte ihm und hatte keine Ahnung, dass er mich nun hinter die Kirche zum Priester, den Diakonen und den Messdienern führen würde. Direkt am Hintereingang trafen wir den Priester der St. Karoli Lwanga Church. Er begrüßte mich und fragte, wie es mir denn gefallen hatte. Voller Euphorie erzählte ich ihm in kurzen knappen Worten wie geil ich diesen kurzweiligen, interaktiven und ausschließlich positiv geladenen Gottesdienst im Vergleich zu meinen deutschen Erfahrungen fand. Meine ehrliche und überschwängliche Antwort ließ ihn in enorme Erheiterung ausbrechen. Er krümmte sich vor Lachen und freute sie wie Bolle, wie man in Deutschland so schön sagt. Im Anschluss hob er seine rechte Hand und wir besiegelten die Übereinkunft unserer Meinung mit einem laut knallenden Highfive.

Sekunden später war ich mir nicht sicher, ob es so gut gewesen war mit dem Priester einzuschlagen. Schließlich war er eine Respektperson, mit der man sicherlich auf würdigender Ebene umgehen sollte. Doch meine Angst war unbegründet, denn er legte seinen Arm um meine Schulter, scheuchte die anderen eine kleine Treppe hinauf und sagte mir, dass es nun Zeit wäre für ein Mittagessen.

Oben angekommen reichte man mir ein Bier und der Priester eröffnete das Buffet samt Pilzsuppe, Matooke, Bohnen und einer Fleischplatte.

Wenn ich heute an die Geschehnisse vom Sonntag zurückblicke, dann bin ich immer noch beeindruckt von der Stimmung innerhalb der Gemeinde. Auch wenn die Prediger mir eher wie Entertainer erschienen, so hatte dieser Gottesdienstbesuch viel Mitreißendes.
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Mit dem Hashtag #VolunteerUganda kannst Du mir bei meiner Reise durch Uganda und das Volunteering in den digitalen Kanälen Facebook, Twitter und Instagram folgen. Morgen verlasse ich nach meiner Eingewöhnungsphase Kampala und Reise auf eine dörfliche Bananenplantage.
Ich freue mich über deine Fragen und Kommentare. Hast du schon mal ein ähnliches Erlebnis in einer Kirche gehabt? Erzähl uns davon.

Kommentare
  • maria
    15. März 2015, 16:59

    heyho steven.. deine kommentarbearbeitung vom 15. is noch deakiviert. ich hab mir heute mal die zeit genommen, mir deine erfahrungen durchzulesen 🙂 und schwelge ein wenig im fernweh.
    „Der Dreck, der sich hier in Form von P****** in der Nase an nur einem Tag ansammelt, den hat man in Berlin nicht mal in einem halben Jahr. – also bitte mal kurz daheim in Dtl. ueberlegen, wie viel Dreck und Staub hier (in Sambia) in der Luft rumschwirrt…. “ den Eintrag hatte ich jedoch aufgestöbert …und er scheint zu deinem beginn des ‚Drecksloch’s‘ zu passen xD
    ich wünsche dir noch eine menge spaß…weiterhin wundervolle neue entdeckungen und genieße die art und weise der kultur.. das leben ansich… ich hoffe du hast die uhr in europa gelassen und die zeit mit nach afrika genommen 😉

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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