Sainte Marguerite und Saint Honorat – die Inseln vor Cannes. #francenature (3/5)
Sainte Marguerite und Saint Honorat – die Inseln vor Cannes.
Im letzten Sommer reiste ich durch fünf Regionen Frankreichs. Diese Episode, Nummer 3 von 5, spielt in Cannes, immer noch auf der Suche nach den besten Naturregionen Frankreichs.
Vorher: Vogesen und Eure et Loir
Heute: Cannes
Bald: Côte d´Azur und Lozère
Als wir an diesem frühen Septembermorgen Chartres verlassen, haben wir bereits neun Tage im nördlichen Teil Frankreichs verbracht. Wir sind durch die Vogesen gereist, waren Wandern, erkundeten auf eigene Faust Wälder, Wiesen und Natur und fuhren mit dem Fahrrad durch das Centre Val de Loire. Der vor uns liegende Tag ist der Einzige auf unserer Reise, an dem wir keine Termine haben.
Ankommen am Meer.
Nach neun Stunden Autofahrt, nachdem wir die Provence und ein Atomkraftwerk passiert haben (das kurioserweise direkt an der Autobahn liegt und mich überlegen lässt, ob ich überhaupt jemals mal so einen Atommeiler gesehen habe) , erreichen wir ein Schild mit der Aufschrift „Côte d´Azur“. Die Abendsonne funkelt dunkelorange am Horizont, kitzelt mir in der Nase und mich umstreicht ganz plötzlich ein wohliges Gefühl.
Ich öffne mein Fenster und bilde mir ein, das Meer zu riechen. Bei all meiner Zuneigung zu den runden Hügeln der Vogesen und der Abgeschiedenheit in der Zentrumsregion, die wir zuletzt erlebt hatten, freue ich mich unglaublich auf das Meer. Schon seit meiner Kindheit liebe ich das Wasser des Ziestsees in Brandenburg, die Spree, wie sie sich unaufhaltsam durch Berlin schlängelt und den Urlaub am Mittelmeer.
Als wir die Stadtgrenze Cannes’ überqueren, ich die vielen Autos und lebendigen Gassen sehe, die Abendsonne, die hinter dem umtriebigen Hafen untergeht, da stelle ich mir die gleiche Frage, wie schon vor einigen Wochen. Warum? Warum Cannes?
Warum Cannes?
Wir waren aufgebrochen, um die schönsten Naturregionen Frankreichs zu entdecken. Welche Rolle spielt dabei die Stadt der Filmfestspiele? Welche Rolle spielt eine bis auf den letzten Quadratzentimeter zugepflasterte Stadt? Antworten auf diese Fragen sollte ich am nächsten Tag erhalten.
Als Jonas und ich das Ende der Promenade de la Croisette – der Prunkstraße der Wohlhabenden und Schönen – erreichen, treffen wir Luc. Luc hat sich mit dem Beginn des letzten Jahres mit dem Vermieten von tahitianischen Pirogen selbstständig gemacht. Er ist ein braungebrannter Typ mit Sonnenbrille, der das Meer liebt und die Arbeit von Sea Shepherd monetär unterstützt. Als wir am Strandabschnitt am Boulevard Eugène Gazagnaire ankommen, an dem wir auch ablegen werden, treffen wir Luc mit einem Coffee to go. Obwohl wir in wenigen Minuten schon losfahren wollen, ist er gerade erst dabei die tahitianischen Pirogen von seinem Anhänger abzuladen. Seine Ausgeglichenheit steht ihm ins Gesicht geschrieben. Ich wünschte, ich könnte auch öfter mal so gelassen sein.
Um uns die Zeit zu vertreiben, schlendern wir noch etwas über den Strand, sehen wie ergraute Menschen ihre lederne Haut schon am frühen Morgen ohne UV-Schutz verbrennen und bestaunen eine vom Jugendwahn besessene Pensionärin, wie sie mit ihrem Mops auf einem Surfbrett im Wasser umherpaddelt.
Das Wetter ist großartig, das Meer ruhig und ich freue mich auf unseren Tag auf der Insel Sainte-Marguerite. Und los geht’s. Zu meiner Überraschung hat Luc noch zwei zauberhafte Mitfahrerinnen organisiert. Nun steuern wir zu fünft am Palm Beach vorbei und nehmen Kurs auf Sainte-Marguerite. Ich bin erstaunt wie bequem und schaukelfrei diese Piroge ist. Eine Piroge ist mit einem Kanu zu vergleichen. Jedoch sind die Planken des Bootes wesentlich höher und durch den Ausleger liegt das Boot sehr stabil im Meereswasser.
Wie wichtig ihm der Schutz der Meere ist, betont Luc mehrmals, als wir das Festland verlassen und paddelnd quer über die Wasserstraße auf die Insel Sainte-Marguerite zusteuern. Wir fahren an kleineren Segelbooten vorbei und beobachten, wie erholte Skipper genussvoll auf dem Meer frühstücken. Ach, so ein Leben auf See könnte ich mir auch mal vorstellen. Zumindest für ein paar Wochen.
Die Insel Sainte Marguerite
Als wir Sainte-Marguerite erreichen, sind wir kein bisschen außer Puste. Die Überfahrt zur Insel ging wesentlich schneller und einfacher, als wir es uns vorgestellt hatten. Luc und unsere Begleiterinnen setzen uns am westlichen Ende der Insel aus, die in etwa einer Stunde zu umrunden ist. Mit einer Länge von etwas über drei Kilometern und einer Breite von etwas weniger als einem Kilometer, ist sie die Größte der Inselgruppe Îles de Lérins. Viele Kiefern und Eukalyptusbäume sehen wir auf unserer Wanderung über die Insel. Die Stadt Cannes versucht die Insel so natürlich wie möglich zu belassen. Daher gibt es auf Sainte-Marguerite auch keine üblichen Übernachtungsmöglichkeiten. Die einzige Möglichkeit auf der Insel zu nächtigen, besteht in der Nähe des ehemaligen Staatsgefängnisses Fort Vauban. In ihm war zwischen 1687 bis 1689 auch der Mann mit der eisernen Maske, dessen Identität bis heute nicht geklärt ist, gefangen. Heute befindet sich hier ein Museum. Übernachten kann man in den Gebäuden neben dem Museum nur, wenn man auch seine Hilfe bei der Instandhaltung im Sinne des klassischen Volunteerings anbietet. Es gibt also keine Hotels, Ferienhäuser oder andere Ferienunterkünfte. Neben einigen wenigen Restaurants und einem Fährhafen hat die Insel, die auch schon bei Pablo Picasso beliebt war, keine touristische Infrastruktur. Und das ist auch gut so, denn so behält die überlaufene Stadt Cannes eine kleine Ruckzugsmöglichkeit, die nur 15 Minuten mit der Fähre entfernt ist und im Vergleich zur Croisette so unglaublich anders ist. Eine Ruckzugsmöglichkeit gibt es auf der Insel Sainte-Marguerite übrigens auch für zahlreiche Vögel. Der Teich Bateguier, in dem sich Süßwasser und Meereswasser vermengen, beherbergt diverse Wasservögel und sorgt beim Spazierengehen für ein kleines Provence-Feeling. Leider ist Alexandra vom Office national des Forêts am Tag unseres Besuchs krank geworden. Sonst hätten wir wohl noch viel mehr über dieses Funkloch erfahren.
Die Insel Saint Honorat
Am Nachmittag fahren wir mit dem Club de Plongée de Cannes, einem Tauchclub, auf einem Boot direkt an der Côte d´Azur und auch zwischen den Inseln Saint-Honorat und Sainte-Marguerite entlang. An Bord sind die Crew, zwei Tauchschüler sowie Jonas und ich. Wir wollen vor den Inseln einen Schnorchelausflug machen und kommen uns mit unseren Schnorcheln und Taucherbrillen neben den professionellen Tauchern etwas albern vor. Von hier aus erhaschen wir auch einen Blick auf die Île Saint-Honorat, die nur etwa 100 Meter südlich von Sainte-Marguerite liegt. Saint-Honorat ist mit einer Länge von 1,5 Kilometern und einer Breite von 600 Metern wesentlich kleiner als ihr großer Bruder, jedoch die zweitgrößte der vier Leriner Inseln (die anderen beiden sind Saint-Ferréol und Saint de la Tradeliere). Auf der Insel befinden sich einige Weinberge und ein Kloster, in dem bis heute etwa 30 Mönche leben. Die Mönche verkaufen vor Ort selbstgemacht Weine und den in Cannes bekannten Likör Lérina. Auf der Suche nach einer ruhigen Bucht kann ich den südlichen Teil der Insel empfehlen. Wesentlich umtriebiger geht es im nördlichen Teil Saint-Honorats zu. Besonders in den Sommermonaten ist Saint-Honorat gut besucht, wobei man die ankernden Segelboote und Yachten von der Insel aus gut beobachten kann.
Und Nachhaltigkeit in Cannes?
Nachhaltigkeit in Cannes, einer touristischen Stadt, zu praktizieren ist nicht immer einfach. Ja, Nachhaltigkeit in Städten generell trifft wohl meine Philosophie des nachhaltigen Reisens – “So nachhaltig wie eben nur möglich.” Eine hundertprozentige Nachhaltigkeit wird leider nie erreicht werden.
Und genau das ist es, was auch im Gespräch mit Michael Peries, dem Hoteldirektor des Novotel Montfleury in Cannes deutlich wird. Er selbst schätzt die Natur der Côte d´Azur sehr und versucht sein möglichstes, um sie zu schützen. Im Rahmen einer großen Hotelkette ist das nicht immer einfach. Die Bettwäsche wird alle zwei Tage gewechselt. Würde man sie seltener wechseln, wäre das ein Einschnitt im Service am Gast. Genauso ist es mit den Handtüchern. Also versucht man die Gäste zu sensibilisieren und gewisse Dinge des Umweltschutzes, der in der Hotellerie auch immer Kosteneinsparungen bedeutet, klar zu machen: Win-win für alle Beteiligten. Den größten Dienst an der Umwelt schafft das Novotel in Cannes so beispielsweise mit regionalen Lebensmitteln, Kosmetikprodukten, die über ein sozial und ökologisch nachhaltiges Projekt aus Kenia stammen, der Verringerung des Wasserdrucks oder dem Abschalten sämtlicher elektronischer Geräte beim Verlassen des Zimmers über eine Zimmerkarte. Gerne hätte Michael eine Solaranlage auf dem Dach, aber es ist schwierig das im Konzern durchzusetzen. Würde er alleine die Haartrockner in allen Zimmern erneuern, so wären das Kosten in Höhe von 400.000 €. Das sind Ausgaben, die in dem Hotel, das nur zehn Gehminuten von der Promenade de la Croisette entfernt ist, penibel geplant werden müssen. Im Oktober letzten Jahres wurde nun die Investition in energieeffizientere Haartrockner gewagt. Die Planung für dieses Jahr stehen schon in den Startlöchern. Michael will die Minibars aus den Zimmern verbannen. Er ist also unterwegs in Richtung Nachhaltigkeit, wird aber in einem Hotel mit 182 Zimmern niemals bei der Umweltfreundlichkeit ankommen, die der Brennnesselbauernhof Le Clos Lery in den Vogesen heute schon erzielt.
Cannes man machen!
Cannes, die Stadt der Filmfestspiele, eine prächtige Stadt mit der Promenade de la Croisette, mit viel Kulturangeboten, Bootsmessen, wahnsinnig tollen Restaurants und höchster Kulinarik ist einen Besuch wert. Doch diese Information sind bekannt. Für mich neu waren die Erfahrungen auf den Leriner Inseln, auf denen sich Cannes sein Erbe der Natur erhält. Auch wenn es auf den Inseln keine Ressorts, Ferienwohnungen oder anderen Unterkünfte gibt, sind sie auf jeden Fall einen Besuch wert und zeigen ein Mal mehr den Wert vom Abschalten in der Natur in unserer hochbeschleunigten Gesellschaft.
Meine Reise durch Frankreich wurde in erster Linie von Atout France unterstützt und ermöglicht. Außerdem durfte ich auch auf die Unterstützung zahlreicher regionaler Unternehmen zählen. Ziel der Reise war es Eindrücke über Reisen in der Natur Frankreichs zu sammeln.
Impressionen und Ergebnisse präsentierte ich am 29. Oktober im Workshop Natur- und Aktivreisen in Frankfurt am Main.
Meine Meinung wurde durch das Sponsoring nicht beeinflusst und bleibt meine eigene.
Bina
10. Februar 2016, 12:24Hi, war bestimmt eine tolle Reise. Die Fotos wecken schon wieder das Fernweh! und bis zu meinem Urlaub ist es noch sooooo lange hin. Bis dahin genieße ich eben Reiseberichte im Netz.
Viele Grüße Bina!