Isle of Mull: Wo Tiere ganz nah kommen

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Highland Cow Schottland
22 Dez

Isle of Mull: Wo Tiere ganz nah kommen

22. Dezember 2019

Von Matthias Kutzscher

Der Westen Schottlands ist ein Naturparadies. Mildes Klima, das tiefe, zerklüfte Meer und einsame Landstriche ziehen etliche Tiere an. Vor allem die Isle of Mull ist für ihr Wildleben berühmt.

Isle of Mull: Wo Tiere ganz nah kommen

Minutenlang spielen sie. Surfen auf den Wellen. Springen über die Gischt. Einzeln, paarweise, eine Mutter mit Jungtier. Mühelos gleitet das halbe Dutzend Delfine neben der Fähre her. Die Shows sind im Sound of Mull normal. Zwischen schottischer Westküste und Hebriden-Archipel fließen der Golfstrom und kalte Wassermassen aus dem Nordatlantik zusammen – das lockt Plankton, Fische, Wale, Seehunde, Riesenhaie, Orcas, Tümmler.

Der alte Wollhandel-Hafen Oban ist ein wichtiges Tor zu den Inseln: Mull erreichen Boote in knapp einer, Coll in zwei, Tiree in drei Stunden. Jede der größeren Hebriden hat einen eigenen Charakter. Die Isle of Mull ist für ihr Wildleben berühmt. Seit ein paar Jahren jagen See- und Steinadler in den Mooren, den tiefen Tälern, an der über 500 Kilometer langen, einsamen Küste. Gerade 2.800 Menschen leben auf der viertgrößte Insel Großbritanniens.

Während Autos und Leute die Fähre in Craignure verlassen, plantscht ein Otter in den Seegraswiesen nebenan. Hinter dem kleinen Hafen warnt ein rotweißes Schild, dass Wassermarder gerne mal wandern gehen. Auf Mull tummelt sich eine der größten Otter-Populationen des Landes. Schnell fahren, ist sowieso nicht möglich. Die Wege sind einspurig mit Haltebuchten. Warten, zurücksetzen, bedanken: so geht es über karstige Berge, an bemosten Eichen und Eschen, tiefgrünen Weiden entlang. Immer wieder verläuft die Straße am Meer. Graureiher stehen rum. Robben dösen. Grünschenkel picken im Schlick. Und keiner hupt, wenn Touristen Bilder schießen.

An der Nordwest-Küste thront das düstere Landhaus Glengorm. Ein Pfad schlängelt sich an einem Steinkreis aus der Eisenzeit vorbei nach Dùn Ara. Das verfallene Fort ist ein Aussichtspunkt des schottischen Wal-Pfads. „Riesenhaie, Delfine, Wale kommen hier nah am Land vorbei und lassen sich super beobachten“, sagt Siobhan Moran. „Wir möchten, dass Besucher das maritime Wildleben nachhaltig erforschen und gleichzeitig wollen wir die lokalen Gemeinden fördern“, erklärt die 30-jährige Rangerin des „Hebridean Whale & Dolphin Trust“. Karge Landschaften, dunkle Winter, kaum Menschen: Das Leben in West-Schottland war nie einfach.

Wellen prügeln auf das Ufer. Die Luft aber ist klar. Weit wandert der Blick zu Inseln, die wie ein Wall die Küste schützen. Lair, Harris, Coll kleben am Horizont. Um die Ecke verstecken sich Staffa mit einer stattlichen Kolonie Papageitaucher und Iona. Von hier begann der irische Mönch Columba ab 563 nach Christus die Christianisierung Britanniens. 33 Spots zählt der Wal-Pfad – an der gesamten Westküste Schottlands, auf den Inneren sowie Äußeren Hebriden. Die Strände, Leuchttürme, Klippen, Piers, uralten Wehranlagen sind gut erreichbar, liefern prächtige Bilder und Schutz in urigen Lokalen vor wildem Wetter.
Wo genau große Meeressäuger entdeckt werden, zeigen Livedaten auf der Webseite des „Trust“. 23 Wal- und Delfinarten besuchen Schottland nur, acht leben in den glasklaren Gewässern. „Über eine App kann jeder Sichtungen eintragen“, erläutert Karls Stevens, der den Wal-Pfad mit entworfen hat. Von April bis Oktober führt er jeden Donnerstag zu den Spots auf Mull. Startpunkt ist die Geschäftsstelle der gemeinnützigen Gesellschaft in Tobermory.

Die gelben, roten, blauen, pinken Häuser der Dörfchens leuchten über die Hafenbucht, in die kleine Wasserfälle stürzen. Ein Otter, der gerne vorbeischaut, ist eine lokale Berühmtheit. „Bleibt er ein paar Tage weg, machen wir uns schon Sorgen“, feixt Karl. Die Whisky-Brennerei wurde 1798 gegründet, das Café Fisch serviert feine Jakobsmuscheln, Steinbutt, Austern, Lachs, Makrelen. Im traditionellen Mishnish Pub nur ein paar Meter weiter spielen regelmäßig Livebands – mal Rock, mal keltische Fiddel-Musik.

Alleine auf Mull liegen drei Beobachtungsposten des „Whale Trail“. Duart Castle, das vor 800 Jahren vom Maclean Clan gebaut wurde, gehört dazu. Vor den mächtigen Mauern der Burg treffen sich der Sound of Mull, der See Loch Linnhe und die Meerenge Firth of Lorn. Wo die Wassermassen aufeinanderprallen, bilden sich ruhige Flächen. Genau hier jagen scheue Schweinswale und die bis zu vier Meter großen Delphine. „Wir sehen fast jeden Tage Meeressäuger“, erzählt der 77-jährige Sir Lachlan. „Das bringt uns neue Besucher“, sagt der Clanchef der Maclean. Auf dem Steinturm des Castle fegt der Wind. Mit Ferngläsern suchen Wal-Beobachter das Wasser ab. Immer wieder erspähen sie Flossen und jubeln.

 

Reiseinfos Westküste Schottland

Anreisen
Direkt von Düsseldorf nach Glasgow mit Loganair für rund 160 Euro. Nach Oban fahren regelmäßig Züge und Busse. Von Glasgow fliegt Loganair auch die Hebriden-Inseln Islay, Tiree, Barra, Benbecula und Lewis an.

Übernachten
In Glasgow sind „The Sandyford Lodge*” für etwa 80 € sowie das „Dakota*“ für etwa 150 € je Doppelzimmer zu empfehlen. In Oban lohnt das B&B „The Scot*“ für ca. 130 € pro Doppelzimmer, in Tobermory auf Mull das Western Isles Hotel* (ca. 180 €), das B&B „Harbour Guest House“ (ca. 100 €) und das „Willow Cottage“ (ca. 60 €). Auf Iona sind die Selbstversorger-Hütten „Iona Pods“ (ca. 80 €) spannend.

Barkultur
Livemusik gehört zu Schottland wie Regen und Whiskey: Einer der besten Clubs in Glasgow ist das „King Tut´s Wah Wah Hut“, in Oban muss es der „Oban Inn“ sein, in Tobermory das „Mishnish“.

Klima
Beste Reisezeit sind Mai und September. Dann ist es relativ warm und es regnet seltener.

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Matthias Kutzscher

Matthias Kutzscher ist freier Redakteur, Journalismus-Dozent und Travel-Freak. Seine Sehnsucht wanderte von West nach Ost: vor 30 Jahren musste es Lateinamerika sein – unvergesslich der Trip per Pferd durch die kolumbianischen Anden. Mittlerweile tobt sich der Düsseldorfer mit dem MTB in der deutschen Wildnis, auf der iberischen Halbinsel und in Asien aus.

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