Die Galatabrücke in Istanbul – beinahe ein eigener Stadtteil.

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13 Jan

Die Galatabrücke in Istanbul – beinahe ein eigener Stadtteil.

13. Januar 2019

Die Galatabrücke in Istanbul – beinahe ein eigener Stadtteil.
Fast beängstigend dicht beieinander drängen sie sich am Geländer der Galatabrücke. Keinen Millimeter Platz gönnen sie dem Nachbarn. Jeder hat seinen fest Platz. Gerade im Winter ist es hier besonders voll, wenn die Fischschwärme aus dem Schwarzen Meer kommen und in wärmere Gewässer unterwegs sind. Die Angler rangeln um den besten Platz und folglich auch um den besten Fang. Das massenhafte Angeln auf der Galatabrücke muss sich als eine Mischung aus Volkssport, Zeitvertreib und Neben- und Hauptjob entwickelt haben.
Zwischen den Stadtteilen Fatih und Beyoglu, über dem Goldenden Horn, einem Nebenarm des Bosporus befindet sich eine Zwischenwelt des Istanbuler Stadtlebens. Ohne Frage ist es hier laut, voll, pulsierend und hektisch. Doch so ist es an vielen Orten in Istanbul. Doch irgendwie hat sich auf Galatabrücke eine eigene Gesellschaft entwickelt.
Es ist eine Gesellschaft, die aus hunderten von Anglern, aufdringlichen Blumenverkäufern, schrecklich sympathischen Trickbetrüger, und penetranten Restaurantmitarbeitern besteht. Gemeinsam haben sie alle nur, dass sie allesamt etwas Geld verdienen wollen. Auch wenn einige der Angler nur aus Freude angeln, so sind andere auf den Fisch zum Selbstverzehr oder Verkauf angewiesen.
Während sich oberhalb der Brücke Straßenbahnen und Autos durch das Nadelöhr der Stadt zwängen, werden unter der Brücke auf einer zweiten Ebene in diversen Restaurants hungrige Bäuche gefüllt und Touristen über das Goldene Horn und den Bosporus geschippert. Kaum eine Sekunde vergeht ohne ein vorbeifahrendes Auto, das laute Dröhnen eines Fährensignals oder das Lachen der Angler. Gemütlich haben sie es sich hier gemacht. Sie sitzen auf Pappkisten, trinken türkischen Tee, den befreundete Händler vorbeibringen, und rauchen selbstgedrehtes Zeugs. Vor ihnen auf den Geländern liegen die Köderfische exakt ausgerichtet in Reihe und Glied, so dass man sich die gleiche Ordnung für weitere Teile der Stadt wünschen würde. Ab und an kommt ein weiterer Händler vorbei und verkauft Gebäck. Meistens sehe ich Simitringe in den Körben. So einen werde ich mir später auch kaufen.
Weil der Platz am Rande der Brücke kaum für die vielen Angler ausreicht, halten einige ihre Routen in die Kanalisationssysteme der Brücke. Ob Ratten hier genauso geräuchert werden wie die vielen Sardellen und Makrelen, die aus dem Wasser gefischt werden oder ob diese Art des Angels dem gleichen Zweck – also dem Fischfang – dient, kann ich nicht genau beurteilen. Merkwürdig ist es allemal.
Dann aber noch zu einem echten Reisetipp: Am Fuße sowie im Untergeschoss der Brücke lassen sich ganz einfache, aber geniale Fischbrötchen kaufen. Der frisch geangelte Fisch wird hier gebraten und zusammen mit Zwiebeln, Eisbergsalat und einem spritzer Zitronensaft in Weißbrot serviert. Das sollte man auf jeden Fall probieren!

Die Galatabrücke in Istanbul am 16.01.2015.

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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