Ein Tag in Madrid mit Kultur, Tapas und ohne Zahnpasta.
Endlich, ja endlich klingelt der Wecker. Ich hatte nicht gewagt zu glauben, dass ich mich darüber noch mal freuen würde. Aber dieses Mal ist es anders. Es ist etwas passiert, was nur selten in meinem Leben geschieht. Ich habe schlecht geschlafen. Aber das ist auch kein Wunder, denn ein 60 Zentimeter breites und 2 Meter langes Bett ist weniger als halb so gross wie das zu Hause.
Folglich springe ich förmlich aus dem Bett, ziehe den Vorhang zum Innenhof auf, öffne das Fenster und möchte am liebsten brüllen vor Freude. Mit dem zweiten Schritt bin ich schon im Badezimmer. Erst hier fällt mir wieder ein, dass mein Problem vom Vorabend noch nicht gelöst ist. Ich habe meine Zahnpasta wohl zu Hause liegen lassen. Aber davon lasse ich mir den guten Start in den Tag nicht verderben. Was für Haut und Haar gut ist, wird für Zähne und Zahnfleisch nicht schädlich sein. Oder etwa doch? Auf jeden Fall schäumt Duschbad wie verrückt und schmeckt furchtbar bitter. Na gut, dann eben nur 15 Sekunden statt 5 Minuten Zähne putzen heute.
Plaza de Isabel an der Metrostation Opera
Mit kleinem desayuno in den Tag!
Ich verlasse ein paar Minuten später mein Hostal Zimmer, das sich in der unmittelbaren Nähe zur Metrostation Opera befindet. Eine super Lage, um Madrid zu erkunden. Mein Weg führt mich schnurrstracks in nur zwei Minuten ins La Traviata, einem Restaurant am Plaza de Isabel. Für 3,10 Euro bekomme ich hier ein Frühstück bestehend aus Café, frischem Organgensaft, einer Scheibe Toast sowie Butter und Marmelade. Das ist nicht nur günstig, sondern auch bemerkenswert lecker für „nur Toast“.
Solche Angebote gibt es unter dem spanischen Wort für Frühstück „desayuno“ in der ganzen Stadt. Also, Augen auf!
Anschließend stehen ein paar Madrider Sehenswürdigkeiten auf dem Tagesprogramm.
Kulturell hat Madrid so einiges zu bieten. Selten habe ich in einer Stadt solch einen Tsunami an uralten und wunderschönen Bauwerken, Parks und Museen erlebt. Da ich gerne zu Fuß unterwegs bin, um kostengünstig unterwegs zu sein, die Orientierung zu behalten und möglichst viel von der Umgebung aufzusaugen, werde ich alles sehenswürdige meiner Shortlist in einer großzügigen Walkingtour erkunden. Bei der Orientierung hilft mir meine Lieblingsreise-App CityMaps2Go, mit der man super Offlinenavigation betreiben kann.
Als erstes laufe ich wenige Minuten nach der morgendlichen Stärkung durch den kleinen Parque de Oriente zum Placio Real. Den Weg kenne ich vom Vorabend bereits bestens. Der Placio Real ist der Sitz des spanischen Könighauses und eines der imposantesten Gebäude der Stadt.
Palacio Real am Tag von Norden betrachtet
Palacio Real bei Nacht, von Westen betrachtet
Direkt nebenan, und nicht weniger prächtig, liegt die römisch-katholische Almudena-Kathedrale. Beide Gebäude wirken auf mich mit ihren riesigen Vorhöfen extrem bemerkenswert und trotz der Größe sehr detailorientiert. Die Ausdauer hätte ich nie, denke ich und begebe mich weiter in Richtung Norden.
Almudena-Kathedrale bei Nacht
Als ich die Gran Via, eine der größten Straßen Madrids erreicht habe, biege ich rechts ab und durchlaufe sie in den weiteren eineinhalb Kilometern. Sie ist vor allem durch viele Theater und große Geschäfte bekannter Marken geprägt. Zum Essen lädt sie meiner Meinung nach nicht sonderlich ein. Nördlich der Gran Via im Schwulenvierel Malasana gibt es die besten Drinks der Stadt. Südlich der Gran Via befinden sich meinem Empfinden nach eher die besseren Restaurants und Tapasbars. Sowohl die guten Bars für Drinks, als auch für gutes Essen werden aber scheinbar erst nach Einbruch der Dämmerung sichtbar. Zu dieser Zeit scheint Madrid erst richtig zu erwachen. Vorher liegt sie wie in Trance und muss sich von den Vorkommnissen der vorherigen Nacht erholen.
Metropolis Gebäude am Ende der Gran Via
Palacio de Comunicaciones
Direkt vom dem Palacio de Comunicaciones, also am Ende der Gran Via, schwenke ich nach links und laufe direkt in Richtung Parque del Retiro. Der groß angelegte grüne Park erinnert mich an den Central Park, obwohl ich noch niemals in New York war. Hier herrscht ein buntes Treiben, denn auf Fahrrädern, Rollern, Inlineskates, Rollschuhen oder flotten Sohlen rasen Madrilenen und Touristen auf Segways an mir vorbei. Der größte Park am Rande der westlichen Innenstadt scheint ein zentraler Zufluchtsort zu sein. Besonders kurios sind auch die Massen an Ruderbooten, die sich auf dem künstlichen See in der Mitte des Parks befinden. Es tut in dieser grauen Jahreszeit gut durch den sonnigen Park zu gehen und die Wärme der Sonne zu spüren.
Parque de Retiro
Der künstliche See samt Ruderboote im Parque de Retiro.
Kurz bevor ich den Park verlasse berührt mich auf der linken Schulter eine Hand. Ein dunkelhaariger Teenager fragt mich, ob ich Englisch spreche und ein Interview geben möchte. Als ich beiden Fragen zustimme atmet er auf. Erst im Nachhinein merkte ich warum: Das Interview zum Thema „Likes & Dislikes in Madrid“ muss für den Englischunterricht gegeben werden. Und die englische Sprache ist in Madrid oder gar ganz Spanien ein heikles Thema, denn Englisch sprechen hier nur wenige.
Die Interview-Crew und ich. 🙂
Im Mutterland der Tapaskultur.
Nachdem ich die beiden Fragen des Nachwuchsfilmteams beantwortet hatte, schlendere ich aus dem Park und stolpere direkt in Martíns Bar. Bei Martín gibt es frisch Gezapftes in kleinen Gläsern mit Tapa für nur 1,50 €. Also stelle ich mich in die kleine Schlange, bestelle als ich endlich an der Reihe bin ein Bier und genieße es in der spanischen Frühlingssonne. Als mir nach den 0,2 Litern Bier schon etwas schummerig wird, merke ich, dass es langsam Zeit für ein kleines Mittagsessen wird.
Bar Martín
Bier und Gemüse-Tapa vor der Bar Martín
Einige Kilometer später, ja es dauerte leider etwas länger bis ich mich endlich entschlossen hatte, sitze ich im El Hechto, schaue Tennis und stopfe frische Kartoffelchips, einen Empanada sowie spanisches Omelette in mich rein. Da das alles etwas fettig ist, gönne ich mir, natürlich rein zum Wohle meines Magens, einen Mojito.
Und während ich am frühen Abend die letzten Schlucke Mojito schlürfe verliert Spanien zum Leide meiner Tischnachbarn in der ersten Runde des Davis Cups mit vier zu eins gegen Deutschland. „Hurra!“, denke ich. Na wenigstens gewinnen wir im Tennis, wenn wir schon im Fußball, im Wetter, im Essen zubereiten und freundlich sein verlieren. Letzteres bedeutet aber nicht, dass die Madrilenen super freundlich sind. Sie sind etwas mürrisch, aufgesetzt und schnell genervt und mögen es gar nicht, wenn man ihre Sprache spricht, bzw. es versucht. Aber irgendwie ist dieses Auftreten immer noch sympathischer als das vom gemeinen Durchschnittsdeutschen.
Mojito & Co. im El Hechto
Mit Guide und Benjamin ins Madrider Nachtleben.
Obwohl ich nun auch noch einen Mojito intus habe, hat sich das leichte Schwindelgefühl in meinem Kopf gelöst. Zum Glück, denn jetzt beginnt das Abendprogramm. Es heißt jetzt, zurück ins Hostal, duschen und fertig machen für die nächtliche Tapastour.
Gran Via bei Nacht
Im Internet habe ich für nur 14,00 € eine geführte Tour durch die spanische Hauptstadt inkl. Tapas, Bier, Cidre und Sangria gebucht. Trotz der Fülle an alkoholischen Getränken in der Aufzählung dreht sich diese Tour komplett um Tapas und die Geschichte der kleinen Häppchen.
Unser Guide Fernando vor dem Copas
Die Führung macht Spaß und ist der ideale Anker, um neue Menschen kennenzulernen. Gleich am Treffpunkt, dem Plaza de Chueca, lerne ich Benjamin kennen. Er kommt ursprünglich aus Singapur, arbeitet aber aktuell in der singapurianischen Botschaft in Genf. Seinen aktuellen Wohnsitz im Herzen Europas nutzt er zum Reisen. Wirklich JEDES Wochenende ist er in Europa unterwegs. So war er an den letzten Wochenenden in Lissabon, Porto, Barcelona, mit mir in Madrid und dieses Wochenende in Paris. Jeden Samstag nimmt er dafür den ersten Flug und kehrt erst am späten Sonntagabend wieder zurück. Sein Reiseziel entscheidet der Flugpreis.
Ein tolles Hobby, das er da gefunden hat. Was soll er auch anderes tun, meint er. Während in Genf um 20 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, beginnt zu dieser Uhrzeit erst das wirkliche Leben in den Metropolen Europas.
Wir sitzen noch lange im Copas, der Bar in der unsere Tour endete, zusammen und träumen bei ein paar Gläsern Rioja vom Leben und weiteren Reisen. Außerdem verabreden wir uns für ein Wochenende in Genf und eines in Berlin, nicht ahnend, dass wir uns bereits am nächsten Tag wieder am Flughafen treffen werden. Aber so spielt das Leben manchmal.
Spät in der Nacht kehre ich samt einem deftigen Stück Manchego-Käse wieder im Hostal ein. Nach dem kleinen nächtlichen Imbiss torkle ich super glücklich ins Badezimmer und fange schallend an zu lachen. Meine ganze Liste hatte ich heute bereist und habe an alles gedacht, nur nicht an die Zahnpasta.
*Offenlegung: Ich danke der travelcloud für die gute Organisation der Reise. Die Übernahme von Anreise- und Unterkunftskosten haben meine persönliche Meinung nicht beeinflusst.
Laura
10. Februar 2014, 13:24Madrid ist einfach super. Ich war letztes Jahr dort und würde jederzeit wieder hinfliegen. Hast du auch die Churros probiert? (da gibt es ein tolles Churros café ganz in der Nähe der Opera Metro-Station)
Steven
10. Februar 2014, 21:39Huhu Laura. Ja, klar! Ich liebe diese kleinen fettigen Sünden über alles! Einfach himmlisch! Aber das Café bei mir in der Nähe habe ich wohl übersehen. Wie heißt es denn?
Laura
11. Februar 2014, 13:30Huhu! Das ist in einer Seitenstraße, ich muss mal nachschauen, wie es genau heißt…
Steven
12. Februar 2014, 12:27Ja, mach das gerne! Ich freue mich auf die Info von dir! Gruß, Steven
Marcus
12. Februar 2014, 11:16Hey Steven, Madrid ist auch eine Stadt, die mich reizt. Bisher waren wir nur in Barcelona gewesen, Bea und mir hat diese Stadt super gefallen. Hatten sogar mal den Plan dahin auszuwandern. 🙂 Da gab es aber Lena & Hannah noch nicht. Na ja, jetzt ist es etwas schwieriger, aber der Wunsch nach Barcelona über ein Wochenende oder in eine andere Stadt besteht immer noch. 🙂
Genieße es so lange du kannst. Freue mich auf weitere Reisen und tolle Beiträge von Dir.
LG, Marcus
Steven
12. Februar 2014, 12:27Echt? Ihr wolltet nach Barcelona auswandern? Sehr cool… Ja, ich werde versuchen weiterhin viel zu reisen. Ganz im Sinne von Benjamin. =)
Eva
30. August 2014, 13:32Die Bürgersteige werden aber auch in den meisten deutschen Städten (außer Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Köln) um 20 Uhr (erst recht während der Woche) hochgeklappt 😉
Sehr authentischer Bericht, in einem Zug durchgelesen =) Ich habe einen 6-stündigen Zwischenstopp in Madrid, was schaffe ich Deiner Meinung nach, mir in Madrid anzusehen bzw. was würdest Du empfehlen? P.S. Wie lange dauert eigentlich die Fahrt vom Flughafen in die Innenstadt (mit öffentl. Verkehrsmitteln)?
Vielen Dank im Voraus und mit sonnigen Grüßen aus Solingen,
Eva
Steven
30. August 2014, 13:54Huhu Eva,
in 6 Stunden schafft man nicht viel. Schlender doch ein wenig in der Innenstadt, esse eine Kleinigkeit oder nimm in einem Café Platz. Alles weitere wäre sicher zu stressig. Vom Flughafen in die Innenstadt solltest du etwa eine Stunde einplanen. Je nachdem wie schnell du über den riesigen Flughafen rennst und welche Bahn du bekommst, ist das auch in 45 Minuten zu schaffen. 😉 Beachte, dass es am Terminal 3 wohl keine Gepäckaufbewahrung gibt.
Viel Spaß in Madrid! Steven
lea weber
22. März 2019, 9:49Toller Beitrag! Gerade erst über Google gefunden.