Der quirlige Mr. E | Thailand #asientrip
Wir gingen den steinigen Weg entlang und starrten auf die Geschäfte, die zu unserer Linken lagen. Der Gastgeber unseres Hostels hatte uns ein Restaurant empfohlen. Doch zugleich hatte er auch angemerkt, dass er nicht genau wisse, ob es überhaupt schon geöffnet sei. Denn wenn der Himmel einen schönen sonnigen Tag bescherte, dann würde Mr. E den bis Sonnenuntergang am Strand verbringen und erst anschließend in sein Restaurant arbeiten gehen.
So war es auch, denn als wir das kleine und versteckte Restaurant unter all den vielen Rankpflanzen entdecken, bemerkten wir auch das kleine Schild mit der Aufschrift „closed“. Also taten wir es dem Besitzer nach und schlenderten die restlichen 100 Meter bis zum Meer.
Als wir nach etwa einer Stunde wieder zurückkehren, lachte uns zwar noch immer das besagte Schild an, aber es brannte Licht. Wir schlängelten uns an den Rankpflanzen sowie an einer kleinen Terrasse vorbei und nahmen die zwei Stufe bis in das Lokal. Ein einziger der sechs Tische war nur besetzt. Von einem Kellner, einem Barkeeper oder sonst jemandem fehlte, neben den beiden weiblichen Gästen am Tisch auf der gegenüberliegenden Seite, jede Spur. Außerdem bemerkte ich, dass der Raum in dem wir uns befanden nicht nach einem typischen Restaurant aussah. Es war irgendwie wohnzimmriger, voller Fotos und lustiger Sprüche. Ganz so, wie wir es aus Berlin-Kreuzberg kannten.
Vom anderen Ende des schmalen Ganges, der auf der gegenüberliegenden Seite lag, hörten wir das Knistern von Pfannen sowie schnelle, schallende Geräusche von einem Messer, das unermüdlich auf einem Holzbrett aufschlug. Währenddessen schwebte uns ein köstlicher Geruch entgegen, den ich nicht definieren konnte.
Wir warteten fast 15 Minuten. Nichts passierte.
Doch auf einmal stürzte ein großer, dünner Mann mit langen Beinen in schnellen Schritten aus der Küche. Er hatte ein helles Shirt und kurze Hosen samt einer Schürze an. Dazu trug er Flip Flops, die bei jedem Schritt leicht über den Boden schlürften. Er erschrak erst etwas als er uns sah, lächelte dann und eilte zu uns hinüber. Seine langen grauen Haare wehten durch die Luft. Nun gab er uns zwei kleine Hefte und erklärte uns in schnellen und hektischen Worten, dass er sich gerade um die beiden anderen Gäste kümmerte. Danach wären wir an der Reihe. Jeder Gast hätte seine Zeit.
Und plötzlich, so schnell wie er gekommen war, war er auch wieder verschwunden.
Also schlugen wir die Hefte auf und staunten nicht schlecht. Die gesamte Speisekarte war händisch geschrieben. In Thai und Englisch, auf über zwanzig Seiten. Dabei waren vor allem japanische und thailändische Speisen enthalten. Denn Mr. E hatte jahrelang mit einem japanischen Freund in Bangkok gelebt. In dieser Zeit lernte er das Kochen von ihm. Aber vor allem lernte er, wie wunderbares Sushi gemacht wird. Sushi passte zu Mr. E, denn Sushi ist für mich eine der kunstvollsten Speisen.
Vor seiner Zeit auf Koh Pangan arbeitete Mr. E als Modedesigner. Und das sogar sehr erfolgreich. Er hatte eine kleine Fabrik und stellte allerlei Kleidung und Taschen her. Doch die viele Arbeit machte ihn über die Jahre ganz fertig. Er arbeitete sechs Tage die Woche von früh bis spät. Und warum? Weil sein Ehrgeiz ihn antrieb.
Irgendwann da kam der Tag, an dem er die Notbremse zog. Er kehrte in sich und überlegte, was er denn die letzten Jahre so getrieben hatte. Neben der Arbeit hatte er kaum noch etwas. Vor allem keine Freizeit.
Das sollte so nicht weiter gehen. Also nahm er allen Mut zusammen, verkaufte seine Fabrik, gab seine Wohnung auf und schnippte mit dem Finger auf die Landkarte Thailands. „Koh Phangan!“, hatte sie gerufen. Er tat es ihr nach und baute sich auf der bergigen Insel seine neue Existenz auf. Fast 800 Kilometer südlich von Bangkok lebte er fortan ganz ohne Leistungsdruck, Vorbestellungen und den Druck monatlich etwas ganz neues kreieren zu müssen! Hier lebte er in wirklicher Freiheit. Bei schönem Wetter, so wie an dem besagten Tag, verbrachte er einfach seine ganze Zeit am Strand. Die wenigen Gäste, die sein Restaurant besuchten, das noch nicht mal einen Namen hatte, würden es verstehen. Sie hatten auch Verständnis dafür, dass es manchmal keinen Fisch oder Hühnerfleisch gab. Mr. E verwendet nämlich gerne frische Produkte und wenn er es nicht zum Markt geschafft hatte, dann wurde eben nach einer abgespeckten Speisekarte gekocht. So einfach war das.
Inzwischen war unser Gastgeber aus dem Hostel nachgekommen und hatte uns mit diesen Informationen über Mr. E versorgt, der inzwischen wieder aus der Küche stolperte und zu uns rüber flitzte. „Ihr habt noch gar nichts zum Trinken?“, fragte er erstaunt. Wir verneinten. Da fing er an zu lachen und zeigte auf einen Kühlschrank. „Dort drüben. Da könnt ihr euch einfach etwas rausnehmen.“
Mal wieder wurde mir vor Augen geführt wie viel entspannter die Menschen hier waren, denn der Konsum von Getränken erfolgte, wie so oft, über die Kasse des Vertrauens. Und wenn man nicht mehr genau wusste, ob es jetzt fünf oder sechs Bier am Abend waren – dann wurde einfach für sieben gezahlt.
Chang Beer
Eine kleine Ewigkeit später bekamen wir die bestellten Speisen. Und ich muss eingestehen, dass sie einfach perfekt waren. Es war wirklich unheimlich lecker!
In den vergangenen Tagen hatten wir uns durch sämtliche Pad Thais, dem Nationalgericht der Thailänder, gegessen. Doch die Mr. E´sche Version gefiel mir von allen am besten. Ich denke, dass es an seinem Perfektionismus und seiner Liebe zu Lebensmitteln lag. Die Erdnüsse, so erzählte er, hatte er erst nach unserer Bestellung geschält und anschließend in einer der Pfannen geröstet. Das gleiche tat er auch mit allen anderen Zutaten. Erst vor dem eigentlichen Kochvorgang wurden sie geputzt, geschält, geschnitten und gebraten. Das erklärte, warum hier alles so lange dauerte. Doch die Wartezeit war bei diesen kulinarischen Hochgenüssen schnell vergessen!
Nachdem wir unser Essen hatten bewirtete Mr. E noch zwei weitere Tische. Danach machte er den Laden zu, um mit seinen Freunden in eine benachbarte Strandbar zu ziehen. Zu oft hatte er seine Freunde in Bangkok sitzen gelassen – das sollte nun nie mehr passieren.
Jens und Mr. E sowie Kristina und ich bei unserem dritten Besuch.
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Nicht mehr ganz sooo frisch gebloggt am 20.11.2013 um 1:01 Uhr deutscher Zeit.
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Marie-Rose Schuppner
13. Februar 2015, 15:25Ein Urlaub ist für mich weit mehr als Freizeit. Viele Personen verreisen, um ihre gewohnte Umgebung zu tauschen. Verreisen hat für mich einen anderen Sinn. Jedes Mal wenn ich mir überlege, dass ich in ein paar Wochen auf Reisen bin – vergesse ich meine oft unangenehmen Gedanken. Bevor ich eine Reise vorauszahle, besuche ich Foren mit Reisebeschreibungen. Dabei erhalte ich gleich die Fakten die ich erwarte, um festzulegen, wohin ich in diesem Jahr fahre. Vor meiner Angelreise habe ich mir die aussagekräftigsten Meinungen zu diesem Zielgebiet unter http://zugvogel-reisen.de/ angeschaut.
Michael
10. Januar 2016, 15:48Manchmal sind die einfachsten Gerichte die besten. Hatte in Thailand – und zwar quer durchs Land hindurch – vorwiegend an Straßenständen gegessen. Pad Thai ist natürlich der Klassiker, aber auch andere thailändische Spezialitäten kann man da gut essen. Wenn es ordentlich gebraten wurde, gibt es auch meist keine Probleme. Für mich persönlich spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle, weswegen ich mich dazu entschieden habe, mich auch an Projekten vor Ort zu beteiligen (über http://www.greenpearls.com/de/hotels/asia/thailand/ die Möglichkeiten dazu gefunden). Wenn jeder ein bisschen „nachhaltiger“ Urlaub macht, hilft das in der Summe ordentlich. Gerade in Asien ist das leider noch keine Selbstverständlichkeit…