Costa Rica: Ich, mein Pferd, ein Wasserfall und der Vulkanschlamm
Als ich in den ledernen Steigbügel steige und mich im Nordwesten Costa Ricas auf die weiße Pferdedame schwinge, kommen die Erinnerungen an meinen „Reitunfall“ wieder hoch. Von Freunden werde ich über diese Formulierung oft belächelt, aber die Tatsache, dass mich eine mürrische Pferdedame vor sechs Jahren mitten im Winter im hohen Bogen abgeworfen hat, löst bei mir immer noch Herzrasen aus.
Damals besuchte ich mit einer Freundin ihre launige Stute Olanka. Mehrere Male hatte ich die dunkelbraune vierbeinige Lady schon gesehen, sie gebürstet und gestreichelt. Ich mochte sie. Ob meine Zuneigung erwidert wurde, weiß ich bis heute nicht. Pferde sind tolle Tiere, ohne Frage. Wie groß mein Respekt ihnen gegenüber ist, sollte diese Erfahrung ein weiteres Mal zeigen. Im langsamen Schritt ritt ich auf Olanka über die verschneite Koppel. Eine Runde, zwei Runden, drei Runden. Ich fühlte mich sicher, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Um in den Trab zu kommen, presste ich meine Waden an ihren Bauch und rief mittellaut „Teeeeeerab“, ganz so wie ich es vor wenigen Sekunden gelernt hatte. Was mir jedoch nicht vermittelt wurde war, dass Wildfang nun anfing im brutalsten Galopp im Zickzack über die Koppel zu wetzen. Meine Entspannung war dahin. Ich hielt mich mit aller Kraft an den umherfliegenden Zügeln fest, brüllte „Stopp“ und versuchte mit aller Kraft nicht vom Gaul zu fliegen. Doch Olanka schien unbeeindruckt. Sie galoppierte ungebremst auf den Stacheldrahtzaun zu. Jetzt musste ich handeln. Ich entschloss mich für Schnee statt Stacheldraht, ließ mich fallen und bremste mit dem Gesicht. Erde und vielleicht auch Pferdemist schmeckte ich auf der Zuge, ehe ich den eisenhaltigen Geschmack meines eigenen Blutes vernahm. Aber wenigstens war ich nun wieder auf sicherem Boden.
Soweit wird es dieses Mal nicht kommen, rede ich mir ein. Die Pferde im Rincon de la Vieja Nationalpark, am Fuße des gleichnamigen Vulkans, sind Ausritte wie diese gewöhnt. Das die Tiere bis zu sechs Mal täglich zum Wasserfall und zurück reiten, erfahre ich erst nach der Beendigung unserer Tour. Das im Familienbesitzt befindliche Hotel Hacienda Guachipelin erweitert hier seit Jahren sein Angebot unter dem Ansatz des nachhaltigen Tourismus und hat drei von fünf möglichen Punkten des Certification for Sustainable Tourism (CST) erhalten. Neben dem Reiten zum Wasserfall bietet das Hotel Touren zur Schlangenfarm, zu heißen Quellen oder Ziplinings an. Ziplining, der rasante Drahtseilakt über dem Regenwald, ist in Costa Rica Touritrendsportart Nummer eins und wird bei jeder Gelegenheit angeboten.
Bis zum Wasserfall reite ich gemütlich auf der Stute. Ihren Namen kann ich mir nicht eine Sekunde merken. Die Zügel halte ich krampfhaft fest, so dass ich auch nicht in die Gelegenheit komme mir den Namen aufzuschreiben. Erst beim Absteigen bemerke ich den intensiv-sauren Geruch, der sich vom Pferd auf meine Kleidung übertragen hat. Zeit für ein Bad im Fluß.
Mit schnellen Handgriffen wechsele ich meine Sachen und mache mich bereit für einen Sprung ins Wasser. Vor mir springen meine Begleiter. Ich mache es ihnen nach, fliege die wenigen Meter hinunter bis zur Wasserkante, tauche im überraschend lauwarmen und trüben Flußwasser ein und berühre den Boden mit meinen Füßen. Vor Schreck ziehe ich meine Füße nach oben und wage es nicht noch ein weiteres Mal zu springen. Die Lust auf das Baden ist mir vergangen. Ich ziehe mich wieder um und gehe zurück zu den Pferden.
Entspannt reiten wir eine halbe Stunde zurück zur Ranch. Gemütlich laufen unsere Pferde hintereinander. Ich mag es nun nochmal wagen. Ich möchte herausfinden, wie es ist zu traben. Eine kurze Rücksprache mit unserem Guide ergibt, dass ich schnell und beständig zwischen Zunge und Gaumen im Takt schnalzen soll. Ich erinnere mich an mein Jahre zurückliegendes, immer noch sehr einprägsames Erlebnis und entscheide mich entgegen aller Bedenken dazu es nochmal zu probieren. Es klappt. Und zu unserer Überraschung fängt nicht nur mein Pferd an im Takt meiner Zunge zu traben, sondern gleich unsere ganze Gruppe. Mit dem Rhythmusgefühl eines Metronoms treibe ich unsere Gruppe an, bis mich Christian bittet es sein zu lassen. Er verweist auf die Pferde. Recht hat er. Bei diesen schwülen Temperaturen mag ich sie nicht über den staubigen Boden scheuchen.
Die Sonne knallt auf meinen weißen Helm und immer mehr Pferdehaare reiben sich in meine gemütliche Backpackerhose, die ich vor wenigen Tagen auf einem indonesischen Basar gekauft habe. Ob ich sie jemals wieder sauber bekomme?
Die gleiche Frage stelle ich mir zwei Stunden später, als ich an den heißen Quellen Guanacastes stehe. Kochend heißes Wasser fließt hier aus der Erde und wird in kleinen Pools gesammelt. Warmen Vulkanschlamm reibe ich mir auf meine Haut. Auch meine Badehose wird in Mitleidenschaft gezogen. Voll von Mineralien ist dieser Schlamm. Sorgsam trage ich ihn auf meine Haut, versuche keine Stelle zu vergessen. Seltsam sind wir Menschen schon manchmal, da creme ich mich ein ganzes Jahr lang nicht ein, aber als mir modriger Vulkanschlamm unter die Nase gehalten wird, kann ich keine Stelle meines Körpers auslassen. Ach, hätte man mir doch nur eher gesagt, dass der Schlamm im kalten Flußwasser und nicht im gemütlichen Thermalbecken abgewaschen wird.
Rückblick Tag 1: Kanufahren und Nachtwanderung durch den Regenwald
Rückblick Tag 2: Costa Rica zwischen Leguanen und heißen Quellen
Rückblick Tag 3: Costa Rica – Fliegend über den Regenwald mit dem Zipliner
Rückblick Tag 4: Vogelbeobachtung im Palo Verde Nationalpark
Rückblick Tag 5: Surfen am Tamarindo Beach in Costa Rica
Rückblick Tag 6: Costa Rica: Ich, mein Pferd, ein Wasserfall und der Vulkanschlamm
Ich danke Futuropa für die Einladung nach Costa Rica. Eine Woche reiste ich durch das Land, auf der Suche nach den besten Abenteuern in der Natur Costa Ricas. Meine Meinung bleibt von der Einladung unvoreingenommen und meine eigene.
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