Carina Edlingers Weg an die Weltspitze im Skilanglauf und Biathlon
Ich sitze im Seminarraum vom Hotel DAS Hintersee, im Ort Hintersee im Salzburger Land in Österreich. DAS Hintersee ist ein familiengeführtes Vier-Sterne-Hotel in der malerischen Fuschlseeregion. Erstmals wurde es vor 240 Jahren urkundlich erwähnt und verbindet heute traditionellen Charme mit modernem Komfort und ermöglicht mir den Einblick in die Geschichte einer jungen Sportlerin.
Carinas inspirierende Geschichte
Vor mir steht Carina Edlinger. Und das ist ihre Geschichte.
Carina Edlinger wuchs in Österreich auf und entdeckte schon früh ihre Leidenschaft für den Langlaufsport. Als Kind trainierte sie mit ihrem Bruder Julian und gehörte bereits in jungen Jahren zu den besten Nachwuchsathletinnen Europas. Noch bevor sie 18 war, zählte sie zu den fünf besten U18-Langläuferinnen des Kontinents.
Doch dann erhielt sie eine Diagnose, die alles veränderte: Morbus Stargardt – eine Erkrankung, die ihr Sehvermögen langsam, aber unaufhaltsam einschränkte.
Was für viele das Ende einer sportlichen Karriere bedeutet hätte, wurde für Carina der Beginn eines neuen, herausfordernden Weges – an dessen Ende sie als Paralympics-Siegerin Geschichte schrieb.
Inzwischen besitzt sie nur noch gut zwei Prozent Sehkraft. Das stellte sie nicht nur im Alltag vor große Herausforderungen, sondern natürlich auch im Leistungssport. Orientierung auf der Strecke, schnelle Reaktionen im Wettkampf und das notwendige Vertrauen in ihren Guide wurden elementar notwendig für ihren Erfolg.
Sie bittet die Zuhörenden im Seminarraum aufzustehen. Dann sollen wir die Augen schließen und versuchen auf einem Bein zu stehen. Obwohl ich sonst der Meinung bin, ein gutes Gleichgewichtsgefühl zu haben, stehe ich an diesem Tag im Seminarraum mit geschlossenen Augen sehr wackelig auf einem Bein. Mit geöffneten Augen klappt es besser. Ich erfahre am eigenen Leib welche Auswirkungen der Verlust der Sehkraft auf das Gleichgewichtsorgan haben. Von den anderen Einschränkungen bin ich meilenweit entfernt sie zu erfahren. Und vermutlich deswegen fasziniert mich ihre Geschichte. Wie unglaublich ungeduldig bin ich, wenn ich eine Woche mit Grippe im Bett liege? Und eine Woche ist nichts im Vergleich zu einem Leben. Und eine Grippe steht in keinem Vergleich zum Verlust der Sehkraft.
Hinzu kamen bei Carina Rückschläge wie gesundheitliche Tiefpunkte und die ständige Anpassung an ihre sich verändernden Sehfähigkeiten, die im Laufe der Zeit immer mehr abnahmen.
Doch anstatt aufzugeben, stellte sie sich jeder Hürde mit außergewöhnlicher Stärke und dem festen Willen, ihren Sport auf höchstem Niveau weiterzuführen.

Heute ist sie eine der erfolgreichsten nordischen Para-Sportlerinnen Österreichs
Heute gehört Carina zu den erfolgreichsten nordischen Para-Sportlerinnen Österreichs. Seit ihrem Einstieg in den paralympischen Skilanglauf hat sie große Erfolge erzielt. Bereits 2017 gewann sie bei den Nordischen Skiweltmeisterschaften der Behinderten in Finsterau als erste Österreicherin eine Goldmedaille im Skating-Sprint und sicherte sich insgesamt zwei Gold- und eine Bronzemedaille. Bei den Winter-Paralympics 2018 in Pyeongchang holte sie gemeinsam die Bronzemedaille über 7,5 km klassisch. Vier Jahre später, bei den Paralympics 2022 in Peking, krönte sie sich mit Gold im Sprint (Freistil) der sehbehinderten Frauen und gewann zudem Bronze über 10 km Freistil.
Mit insgesamt 26 Weltcupsiegen zählt sie zu den erfolgreichsten Athletinnen im Para-Skilanglauf und hat sich in der internationalen Szene einen Namen gemacht.
Und selbst im Biathlon ist sie aktiv. Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist wunderbare Realität. Auch blinde Menschen können mit Hilfe eines akustischen Gewehrs den Biathlon-Sport betreiben. Carina hat ein solches Gewehr dabei.


Am folgenden Tag dürfen wir damit das Schießen erfahren. Das geht nur mit Kopfhörern. Je näher ich in die Mitte ziele, desto schriller wird der Ton. Ich nutze meine Augen zur Hilfe und versuche das Gewehr in die Mitte der Zielscheiben zu positionieren. Vier Mal schieße ich daneben, dann erziele ich einen Treffer. Reine Glückssache.
Nach diesem Wochenende habe ich nicht nur höchsten Respekt vor Carinas Leistung – sondern auch eine völlig neue Sicht auf das, was im Sport und im Leben möglich ist.
Und ich entgegne meinem eigenen Leben auch mit mehr Dankbarkeit.
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