Brunnenbauertagebuch. #8 – Happy End.

 / Brunnenbauertagebuch. #8 – Happy End.
7 Apr

Brunnenbauertagebuch. #8 – Happy End.

7. April 2016

vom 20. bis 29. März

Viel zu lange ist der letzte Blogpost her. In den letzten Wochen ist viel passiert. Los geht’s mit dem vorerst letzten Blogpost zum Brunnenbau.

Sonntag, 20. März
Pünktlich, also mit der üblichen Stunde Verspätung, fuhren wir am Sonntag nach Jinja. Der Stadt in der, zumindest nach ugandischem Glauben, der Nil aus dem Viktoriasee entspringt. Außerdem ist Jinja nach Kampala die zweit größte Stadt Ugandas.
Die Fahrt dauerte ziemlich lange und so kamen wir erst nachts dort an. Nach einem kleinen nächtlichen Stadtrundgang gingen wir früh schlafen, um am nächsten Tag unser straffes Tagesprogramm durchziehen zu können.
 
Montag, 21. März

Anstatt die übliche Nilquelle zu besichtigen, wurden wir von Father, der sich extra ein paar Tage frei genommen hatte, um mit uns die kleine Tour zu machen, auf einen nahegelegenen Golfplatz gelotst. Etwas verwundert fragten wir, wo genau wir denn gleich die Quelle finden würden. Darauf erwiderte er, dass die übliche Tour zur Quelle viel zu teuer sei und man einfach von hier aus jemanden nach einem Boot fragen könnte. Gesagt getan. Es schien, als sei dies eine gängige Alternative zur Touriabzocke.

Nielquelle_evtl. mit aufnehmen in den Blog© Hannes Schwessinger

Nach etwa einer halben Stunde Wartezeit, bei der wir vom Golfplatz aus schon einige Krokodile am Rande des Sees sehen konnten, erschien dann unser Boot. Mit einem kleinen Trinkgeld wurde aus der Fahrt eine 45 minütige Bootsfahrt über den Viktoriasee. Uns wurden die vielen verschiedenen Vogelarten gezeigt und man führte uns schließlich zu dem Punkt, an dem der Nil aus dem Viktoriasee fließt.
Beeindruckend war auch die riesige Insel im Viktoriasee, auf der sich nur ein Gefängnis befindet. Aus weiter Ferne konnten wir die Häftlinge in ihren orangenen Overalls beim Graben sehen. Eine Szene wie aus „Holes“.
In Anbetracht unserer eignen Erfahrungen an der Arbeit der Wassergrabens, stelllten wir uns das ziemlich hart vor. In späteren Gesprächen erfuhren wir, dass es oft dazu käme, dass Straftäter zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden, aber die Haftzeit unter Umständen nicht angetreten werden muss, da es zu geringe Kapazitäten in den Gefängnissen gibt. Stattdessen kommen die Straftäter mit einer Geldstrafe davon.
Wir wechselten das Transportmittel vom Boot in einen Jeep und machten uns auf zu einer Nashorn Safari. Die Autofahrt war lang, doch nach zahlreichen Tüten Chips und Cola von der Tankstelle, wurden wir mit einer Gruppe Nashörnern belohnt. Diese verfolgten wir einige Zeit. Ebenso stießen wir dabei auf zahlreiche Antilopenarten. Einen schönen Abschluss fand die Safari mit der Sichtung einer Warzenschweinfamilie. Es ist unglaublich diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen.

Nashörner 3© Hannes Schwessinger

Zurück in Nandere bemerkten wir, dass wir über 550 km gefahren waren. Den Abend ließen wir in einer Bar ausklingen.

Dienstag, 22. März

Am Dienstag sollte um 7.00 Uhr das erste Meeting des Wassercomittees stattfinden. Erwartungsgemäß fand es erst um 9.00 Uhr statt, da es zwei Stunden dauerte, bis sich alle sechs Mitglieder des Commitees eingefunden hatten. Einige hatten es vergessen, oder „wichtigeres“ vor, wie beispielsweise ein Gespräch mit der Kioskbesitzerin Agnes anzufangen. Und das, obwohl schon alle warteten.
Da platzte Hannes der Kragen und er stellte klar, dass der Brunnen für sie gebaut wird und wir in dieses Projekt viel Zeit und Mühe stecken, wobei es einige Dorfbewohner nicht einmal fertig bringen uns für eine Stunde ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Etwas verschrocken hatten wir folglich die ganze Aufmerksamkeit der Anwesenden und konnten die Wichtigkeit und den Nutzen des Commitees erklären.
Begeistert war trotzdem keiner von den Anwesenden, denn eine Mitgliedschaft im Wassercommittee bedeutete zwangsweise mehr Arbeit und Verantwortung.
Gespannt blickten wir auf den nächsten Tag, für den ein weiteres Meeting angesetzt war. Bei einer Begehung des Brunnens sollte eine Checkliste abgearbeitet werden. Die Checkliste dient dem Erhalt des Brunnens und der Erfassung des Wasserverbrauchs und der Pumpleistung.
Ebenso waren Messungen mit Busoga angesetzt, die uns Aufschluss über die derzeitige Wassermenge des Brunnens geben sollten.

Mittwoch, 23. März
Das Treffen verlief unerwartet gut. Und so blicken wir zuversichtlich in die Zukunft.
Die Messungen zum Wasserpotential des Brunnens ergaben eine Gesamtmenge von etwa 5600 Litern, wenn täglich aus dem Brunnen Wasser gefördert wird. Würde man nur jeden zweiten Tag aus dem Brunnenschacht Wasser pumpen, so würde der Brunnen etwa 7000 Liter Wasser beherbergen können.
Einigen Umfragen und Kalkulationen zufolge, hatten wir damit die Gewissheit, dass die Wassermenge für das Dorf Nandere reicht. Uns fiel ein Stein vom Herzen, denn das war der größte Knackpunkt. Hätte die Menge nicht gereicht, wäre es schwierig geworden unsere Deadline einzuhalten. Der Boden des Brunnens besteht in dieser Tiefe nur noch aus Gestein. Jeder Zentimenter mehr Tiefe hätte eine halbe Ewigkeit gedauert.

Hochzeit Brunnen und Pumpe
© Hannes Schwessinger


Donnerstag, 24. März

Der Gründonnerstag war ein ereignisreicher Tag. Es galt so viel wie möglich zu erledigen, da über Ostern, einem der größten christlichen Feste, vermutlich alle Arbeiten stillstehen würden. Die Meilensteine des Tages:
– Es wurden die Leitungen für Strom und Wasser verlegt.
– Die Verbindungen zum Bodenwassertank der Pfarrerei und dem Hochwassertank wurden hergestellt.
– Der Schalter für die elektrische Pumpe wurde in der Pfarrerei an einem Ort installiert, der für die Mitglieder des Wassercomittees gut erreichbar ist, nicht aber für Fremde.
– Die Hochzeit von Brunnen und Pumpe fand statt.
– Und am Ende des Tages plätscherte endlich Wasser in den leeren Wassertank der Pfarrerei.
– Bis Mitternacht wurde an der Schließung der etwa 500 Meter Trenchline gearbeitet.
Zum Abendessen wurden wir in die Priesterschule eingeladen. Das war eine ziemliche Ehre für uns, da sich dort nur die Priester donnerstags zum gemeinsamen Abendessen treffen. Beim Abendessen hatten wir sehr interessante Gespräche über den Glauben und die Evolutionstheorie.

Brunnendeckel aufsetzen© Hannes Schwessinger
die unendliche trenchline nun mit Rohrleitung© Hannes Schwessinger
die unendliche trechline nun mit Rohleitung2© Hannes Schwessinger

Freitag, 25. März
Am Karfreitag wurde der vorhandene Pumpenkopf aus Plastik gegen einen leistungsfähigeren aus Metall ausgetauscht. Wir hatten das am Vortag reklamiert. Außerdem wurde ein Stück der Wasserleitung beim Verlegen so sehr geknickt, dass das Stück der Leitung drohte zu brechen. Auch hier baten wir um einen Austausch, der am Freitag stattfand. Dem Zeitdruck geschuldet kam es auch dazu, dass selbst am Karfreitag gearbeitet wurde.
Nachdem die öffentliche Wasserentnahmestelle installiert war, war die Freude und Dankbarkeit bei allen enorm groß.
Wir hatten es geschafft.
Am späten Abend kauften wir auf dem Markt in Wobulenzi ein. Am kommenden Dienstag wollten wir eine kleine Abschiedsparty schmeißen.

Es ist vollbracht! Es fließt Wasser! Was für ein tolles Ostergeschenk!Danke an alle Helfer und Unterstützer, besonders…
Posted by Funkloch on Samstag, 26. März 2016

Samstag, 26. März
Gleich am frühen Morgen fuhren wir nach Kampala. Wir hatten hier ein Widmungsschild für den Brunnen in Auftrag gegeben. In Absprache mit Father Joseph, Steven und Karmalaya wollten wir einen Hinweis darauf hinterlassen, wer sich für den Brunnen eingesetzt hatte. Außerdem wollten wir ein Zeichen hinterlassen. Wir wollten den verstorbenenen Godfrey ehren und die Menschen auffordern es ihm gleich zu tun und sich zum Wohle der andereren einzusetzen.
Sonntag, 27. März

Unser Sonntagmorgen war geprägt von zwei Messen, Reden, die wir nach der Messe zu halten hatten und in denen wir die erfolgreiche Beendigung unseres Projektes verkündeten. Außerdem haben wir die Anwesenden zur offiziellen Eröffnung des Brunnens mit dem Bischof am 29. März eingeladen und bedankten uns für die schöne Zeit in Nandere.
Nachdem uns oft gesagt wurde, wie viel man von uns gelernt hat, stellten wir fest, dass wir auch einiges an Erfahrungen mit nach Hause nehmen werden. Vorallem an die Freundlichkeit und positive Lebenseinstellung der Menschen werden wir uns erinnern.
Um 14.00 Uhr fuhren wir zum zweiten Fußballspiel nach Kasaala, welches das Rückspiel für den Muzungu Easter Cup 2016 bildete. Unerwarteter Weise schoss Hannes das entscheidende Tor, das seinem Team den Sieg beschehrte.
Wer ihn kennt weiß, dass Fußball nicht sonderlich seine größte Leidenschaft ist und seine Künste sich im Fußballspielen in Grenzen halten. Umso mehr überrascht und glücklich waren wir über den Sieg.
Nach dem Fußballspiel und nach der Siegerehrung, bei der der Wanderpokal weitergegeben wurde, jedes Team einen Fußball geschenkt bekam und es für alle ein gemeinsames Essen gab, fuhren wir zu Fathers Familie, um mit ihr einen gemeinsamen Osterabend zu verbringen.
 
Montag, 28. März
Am Ostermontag hatten wir neben einigen Stunden der Entspannung und kleineren Einkäufen für die Abschiedsparty nichts weiter vor.

Dienstag, 29. März
Der 29. März 2016 war der Tag der offiziellen Brunneneröffnung und gleichzeitig auch der Tag unseres Abschieds, bevor es für uns am nächsten Tag nach Entebbe ging. Von dort würde Steffen zurück nach Deutschland fliegen und Hannes in das nächste Abenteuer aufbrechen.
Doch vorher hatten wir noch einen Termin in der Centenary Bank in Wobulenzi, um ein Bankkonto für das Wassercommittee zu eröffnen. Ein Empfehlungsschreiben, drei Passfotos, etwas Startkapital, ein Haufen Formulare und ein Brief mit der Information über den Zweck des Kontos waren dafür notwendig. Insgesamt verbrachten wir drei Stunden im Chaos der Bank.
Die offizielle Eröffnung begann um 13.00 Uhr mit der Ankunft des Bischofs. Hunderte von Schulkindern und Dorfbewohnern wohnten seiner Begrüßung bei und folgten uns dann den Hügel hinunter zum Brunnenschacht. Es wurden viele Fragen gestellt, Fotos gemacht und natürlich ausgiebig gebetet. Es folgten Danksagungen und schließlich ging es nach oben zur öffentlichen Wasserentnahmestelle. Es ist immer wieder unglaublich anzusehen, wie demütig und gehorsam die Menschen hier gegenüber den Kirchenoberhäuptern sind. Nach einem weiteren Gebet an der öffentlichen Wasserentnahmestelle folgten mahnende Worte des Bischofs an die Dorfbewohner bezüglich der schlechten Arbeitsmoral. Ihm war zu Ohren gekommen, dass uns nur wenige Dorfbewohner geholfen hatten.

Brunneneröffnung_Widmungsschild© Hannes Schwessinger

Der Abschluss der Brunneneröffnung gestaltete sich sehr schön. Der Bischof nahm einfach alle Wasserkanister, die er finden konnte und schüttete sie über den Dorfbewohnern aus. Die Stimmung wurde dadurch ungemein gelockert und die Kinder hatten einen riesigen Spaß.
Nach einem gemeinsamen Essen machten wir uns an die Vorbereitung für die Abschiedsparty. Es war ein komisches Gefühl nach dem ganzen Stress zu registrieren, dass das Projekt nun abgeschlossen war.

Bischof-bei-Eröffnung© Hannes Schwessinger
Wasser-Kinder© Hannes Schwessinger
Kind-trinkt-Uganda© Hannes Schwessinger
Junge-trink-Wasser-Uganda© Hannes Schwessinger

Der Abend wurde mit einem Fußballspiel der Uganda Cranes (Ugandas Fußballnationalmannschaft) gegen Burkina Faso, gefolgt von einem großen Abschiedsessen abgeschlossen. Mehr und mehr Leute kamen und die Stimmung war ausgelassen. Das es mitten in der Woche war und alle am nächsten Tag wieder um 6 Uhr aufstehen mussten, interessierte dabei keinen.

Wir sind glücklich eine so unfassbar erlebnisreiche und schöne Zeit mit so vielen lieben Menschen verbracht zu haben.
Außerdem sind wir allen Spendern sehr dankbar, dass sie dieses Projekt ermöglicht haben.
Wir verabschieden uns hiermit von euch, vielleicht lesen wir uns schon bald wieder, denn ihr dürft gespannt sein, was als nächstes folgt!
Euer Hannes und Steffen!
_______________
Alle Beiträge des Brunnenbaus gibt es hier nochmal in chronologischer Reihenfolge.
Brunnenbauertagebuch #1
Brunnenbauertagebuch #2
Brunnenbauertagebuch #3
Brunnenbauertagebuch #4
Brunnenbauertagebuch #5
Brunnenbauertagebuch #6
Brunnenbauertagebuch #7
Brunnenbauertagebuch #8

Kommentar
  • Eberhard Lehr
    25. April 2016, 17:07

    Hallo Steven, wir haben von der evang. Kirche in Obereisesheim vom Gottesdienst am 1. Januar über 600€ gespendet. Nun hat man mich gebeten, ob wir im nächsten Mitteilungsblatt was veröffentlichen können, damit die Spender im Ort auch ein Feedback bekommen. Könntest du etwas schreiben, muss nicht zu gross sein + Bild?
    Bei Fragen bitte einfach melden, bis der Vater von Katrin die ja auch schon in Nandere war.

Leave a Reply

Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner