Brunnenbauertagebuch. #4
vom 29. Februar und 1. und 2. und 3. März
Die Schritte kommen näher. Ich höre Menschen reden und ihre Arbeitsgeräte klappern. Viele Menschen. Die Geräusche werden lauter und immer lauter. Irgendwann erreichen sie das Tor der Pfarrerei und ich wache auf.
In der Nacht von Sonntag auf Montag schlief ich nicht sonderlich gut, ich träumte und bildete mir im Traum ein, dass am nächsten Morgen hunderte Helfer vor der Pfarrerei stehen würden. Als um halb sechs mein Wecker klingelte, war es noch stockfinster und angenehm kühl. Ich stellte meinen Wecker auf Snooze, wie ich es öfter tue, öffnete meine Zimmertür und ließ mich von den Vögeln putzmunter zwitschern. Ein sonniger Tag lag vor uns. Zu sechs Uhr schnappte ich mir eine Spitzhacke und eine Schaufel und ging zur Arbeit. Doch niemand war vor Ort. Einen Tag zuvor hatte ich vor fast 500 Menschen in der Kirche gesprochen. Auf die Frage, ob sie mir helfen den Graben zu schaufeln, kam ein deutliches „Ja!“ aus der Menge. Doch niemand war zur verabredeten Zeit vor Ort.
Nachdem ich im letzten Beitrag Goethe zitierte hatte, bekam ich eine liebe Nachricht, die ebenfalls Goethe zitierte. Genau in diesem Moment, als niemand vor Ort war und ich alleine auf dem Feld stand, erinnerte ich mich an das Zitat.
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Ja, mit der Gelassenheit war es zur Zeit nicht sonderlich gut um mich bestellt. Doch dieses Mal gab ich mir mehr Mühe. Mit einem Schulterzucken entschied ich mich zurück in mein Zimmer zu gehen und meine Kamera zu holen. Die Sonne ging gerade auf. Diese Momente wollte ich einfangen.
Jeden Tag ein paar Meter.
Gegen 8 Uhr starteten Emma und ich dann unsere Arbeit. Zumindest er war gekommen. Wenig später erschien Rafael, der uns auch in den folgenden Tagen beim Schaufeln helften sollte. Mareike und Lynn waren noch am Sonntag zurück nach Kasaala gefahren. Bei der harten Arbeit konnten sie nur wenig helfen und sahen ihre Verpflichtung eher darin im Child Care Center in Kasaala zu arbeiten.
Die letzten Tage waren ganz unterschiedlich. Mal schaufelten wir zu dritt, zu viert, manchmal waren wir aber auch bis zu neun Helfer. Richtige Konstanz war in die Sache nicht reinzubringen.
Ich nahm es inzwischen gelassener und war froh, wenn wir pro Tag dem Ziel einige Meter näher kamen. Bis heute haben wir etwas über die Hälfte des 470 Meter langen Grabens geschafft. Und ich merke ganz persönlich, wie ich jeden Tag etwas fitter werde, ein paar Hiebe mehr mit der Spitzhacke schaffe und mein Rücken immer weniger schmerzt.
Vertrag mit Busoga Trust und erster Spatenstich.
Am Montag traf ich mich wieder mit Moses in Nandere. Er hatte den Vertrag dabei, den Steffen und Hannes vorbereitet hatten. Ein paar Änderungen hatten er und sein Rechtsteam vorgenommen. Beispielsweise hatten sie den Gerichtsstand auf Uganda festgelegt. Nachdem Hannes, er studiert Jura, kurz geprüft hatte, ob das für uns große Nachteile mit sich bringt, gab ich Moses ein paar letzte Korrekturen am Vertrag mit. Dabei handelte es sich überwiegend um Tippfehler.
Gestern haben wir dann endlich den finalen Vertrag unterschrieben, der eine Fertigstellung des Brunnens bis 29. März verspricht. Ich war etwas erstaunt, dass sich Busoga Trust vertraglich auf dieses konkrete Datum einließ. Ich denke, dass ich Moses erklären konnte, warum wir unbedingt noch hier sein wollen, wenn der Brunnen fertig wird.
Die Zahlung der ersten Rate (45 % von 20,5 Millionen UGX) war in den letzten Tagen etwas aufregend. Moses stellte uns zwar die Bankinformationen von Busoga Trust zur Verfügung, jedoch stellten wir ziemlich schnell fest, dass die Bank keine direkten internationalen Überweisungen empfangen kann. Daher arbeitet sie mit Partnerbanken, wie der Deutschen Bank, zusammen. Eine Überweisung vom Konto von Technik ohne Grenzen e.V. zur Deutschen Bank, zur Centenary Bank Wobulenzi hätte bis zu 10 Tagen gedauert. Zu lange, um schnell mit der Arbeit beginnen zu können. Daher haben wir uns kurzfristig dazu entschieden, dass Hannes und Steffen das Geld bar in Euro mitbringen, um es hier zu wechseln und auf das Konto von Busoga Trust einzuzahlen. So sparen wir wertvolle Zeit, denn Busoga wollte erst mit der Arbeit starten, wenn die erste Rate gezahlt ist.
Dennoch hat Busoga Trust inzwischen schon mit den Arbeiten am Brunnen begonnen. Am Mittwoch war das ganze Team hier und hat das Werkzeug vorbei gebracht. Heute, am Donnerstag, haben zwei Angestellte von Busoga Trust damit begonnen den Brunnen selbst zu graben. Stück für Stück geht es also voran. Und es freut mich riesig, dass wir nun endlich das Vertragsthema abschließen konnten und mit der Arbeit beginnen konnten.
Muzungu Easter Cup.
Ich mache mich gleich mit Father Joseph und Emma auf den Weg nach Kampala. Wir wollen ein paar Dinge erledigen, ein paar Lebensmittel einkaufen, am frühen Morgen Hannes und Steffen vom Flughafen abholen und den Muzungu Easter Cup vorbereiten. Im letzten Jahr hatten wir zu Ostern ein Fußballspiel in Kasaala organisiert. Zu gewinnen gab es einen Fußball, eine Trophäe und ein Abendessen für alle Fußballkinder. Die Idee war es das Fußballspiel jährlich zu wiederholen. Praktisch, dass wir gerade hier sind. Am Samstag wird das Hinspiel stattfinden, Ostern dann das Rückspiel.
Ich hoffe, dass wir auch dieses Mal den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern können und freue mich sehr, dass es mit dem Brunnen nun in schnelleren Schritten voran geht.
Soweit für den Moment,
Euer Steven
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andy
3. März 2016, 20:59Hut ab Steven vor deinem Einsatz!
Sicher sehr sehr schwierig sich zu motivieren für Leute einen Brunnen zu bauen, dabei richtig zu buckeln und sich nicht so richtig auf die Hilfe der späteren Nutzer verlassen kann!
Weiter so und vielen Dank für den EInblick!