Aktivreise Auvergne: 3 Tage reiten, wandern und klettern in Allier & Monts Dore
Die Auvergne kenne ich bisher nur aus dem Supermarkt. Die Mineralwasser Volvic und Evian stammen beide aus den Auvergne-Rhône-Alpes und zieren auf ihren Logos die Berglandschaften der drittgrößten Region Frankreichs. Ist die Auvergne wirklich so grün wie auf den Bildern?
Reiten im Département Allier
Jeden Samstag machen Nathalie, ihr Bruder François und die Freunde des Reiterhofs Rocs de la Serre einen Ausritt im Département Allier. Heute haben Hannes und ich das Glück Teil dieses Ausritts zu sein. Etwas irritiert stehen wir mit den anderen Reitern im Stall. Jeder hat etwas zu tun: Pferde bürsten, Hufe reinigen, Sattelzeug klar machen. Nur wir beiden stehen nutzlos in der Ecke und beobachten das flotte Treiben. Dann erbarmt sich Nathalie unserer und erzählt etwas über den Reiterhof. Ihr Vater hatte vor Jahren damit begonnen Araber zu züchten. Inzwischen hat François das Geschäft übernommen. Nathalie wohnt zwar direkt neben dem Stall, hat aber einen gewöhnlichen Bürojob in der Stadt.
Wenige Minuten später sitzen wir schon auf den Pferden. Nathalie ist viel daran gelegen, dass wir uns als absolute Reitanfänger wohl fühlen. Wir haben die erfahrensten Pferde unter unseren Hintern und laufen gemächlich durch die hügelige Landschaft von Allier. Die Berge sind hier nicht so hoch wie im südlicheren Teil der Auvergne. Ich würde die Landschaft mit der Region Centre-Val de Loire vergleichen, die im Nordwesten an Allier grenzt.
Nathalie schwärmt von ihren Pferden und der Liebe zum Wasser. Mein Pferd sei wohl eine richtige Wasserratte, liebt das Wasser, schwimmt gerne und wälzt sich noch viel lieber in der Sioule. Ich denke keine Sekunde daran, dass wir in Richtung Fluss reiten. An der Sioule angekommen beschleunigt meine Pferdedame ihren Schritt und rennt unaufhaltsam ins Wasser.
„Stop! Brrrrrrrrrrr. Ahhhhhhhhh.“, brülle ich.
Keine Reaktion. Immer weiter läuft sie ins Wasser. Meine Füße sind schon bis zu den Knien nass. Meine Hände halten krampfhaft meine neue Kamera fest. Ich halte sie in die Luft und hoffe, dass sie nicht nass wird. Glück gehabt. Heute ist kein Badetag.
Nach zwei Stunden kommen wir zurück zum Reiterhof. Meine Schuhe sind noch immer nass. Ich denke darüber nach, wie es wäre in der Heimat eine Reitbeteiligung zu haben. Den Plan habe ich bis heute nicht verworfen. Aber manchmal muss man sich vielleicht eingestehen, dass man nicht alles haben kann.
Wandern in den Bergen der Monts Dore
In der kleinen französischen Stadt Mont-Dore im Département Puy-de-Dôme treffen wir Thierry. Sein Vorname wird wie das französische Wort Kirsche ausgesprochen. Jedenfalls verstehe ich seine Namensvorstellung so und spreche ihn auch den ganzen Tag so an. Thierry hat seinen Hund dabei, einen Cocker Spaniel, der auf den Namen Joe hört.
„Joe Cocker“ und Thierry sind sechs Mal in der Woche den Bergen des Monts Dore unterwegs. Seit 25 Jahren arbeitet Thierry als Bergführer. Die frische Luft tut beiden gut. Die Bewegung auch, meint Thierry. Sie wäre ein guter Kontrast zum abendlichen Wein und den vielen Zigaretten, sagt er mit einem breiten Grinsen.
Wir nehmen die Seilbahn, um auf den Bergkamm im französischen Zentralmassiv zu kommen. Von dort sind es nur noch 864 Stufen bis zur Spitze des Puy de Sancy. Der erloschene Vulkan ist mit 1886 Metern noch vor Plomb du Cantal (1852 m) und Puy de Dôme (1465 m) der höchste Berg der Auvergne.
Von oben haben wir einen genialen Ausblick auf die Region und können beinahe bis ins 35 Kilometer entfernte Clermont-Ferrand blicken.
1936 hat hier der Skitourismus begonnen, erklärt Thierry, der im Winter als Skilehrer arbeitet. Doch die Wanderungen im Sommer bevorzugt er. Die Auvergne liegt zentral in Frankreich. Aus allen Himmelsrichtungen kommen die Franzosen im Winter zum Skifahren. Auch der Puy de Sancy ist im Sommer arg überfüllt. Deshalb bevorzugt er es über den Bergkamm zu wandern. Viele Touristen fahren nur mit der Seilbahn hoch, schleppen sich die Stufen zum Puy de Sancy hinauf, machen ein Selfie, essen und trinken etwas und fahren wieder hinunter. Natürlich gibt es auch viele Wanderer, aber die breite Masse wandert eben nicht.
Joe Cocker und Thierry sind ein eingespieltes Team. Der junge Hund flitzt den ganzen Tag um uns herum und genießt die Wanderung. Er ist neugierig, hört aber erstaunlich gut. Oft reicht nur ein strenger Blick und Joe nimmt Abstand vom Elektrozaun oder hört auf im Bach zu baden. Doch als Joe einen toten Maulwurf findet und den verwesten Kadaver apportieren will, ist mehr als ein strenger Blick nötig.
Joe arbeitet Thierry zu. Im Gras findet er Fuchskot, ein kurzer Blick von Thierry: Blaubeeren hatte der Fuchs zuvor gegessen. Murmeltiere, Mufflons und eine Bergziege entdeckt Thierry mit bloßem Auge. Beeindruckend, wie er die Tiere über kilometerweite Entfernungen zwischen Felsen und Grasbüscheln erkennt. „Mit der Zeit weißt du, wo sich die Tiere gerne aufhalten“, gibt er bescheiden zu. Nach solch einer langen Zeit in den Bergen kennst du die Landschaft „wie deine eigene Hosentasche“.
Auf dem Klettersteig des Capucin – Klettern in den Monts Dore Auvergne
Am nächsten Tag treffen wir Zsolt. Er ist Bergführer und Extremsportler. Inzwischen lebt er in der Auvergne, bricht aber mehrmals im Jahr in die weite Welt auf. Auf einen Gletscher steigen oder die höchsten Gipfel der Welt erklimmen: Das ist seine Leidenschaft. Wenn er nicht gerade mit Freunden aufbricht, dann begleitet er als Guide internationale Touristen. Nach dieser Vorgeschichte wundert es mich nicht, dass er sich während unserer Tour etwas langweilt.
Zsolt ist ein sympathischer Guide, der weiß, wie er seine Gäste motiviert. Vor dem Einstieg in den Klettersteig ist mir etwas unwohl. Mit der Höhe habe ich es nicht so. Klettere ich nach oben und blicke ich nicht nach unten, ist alles gut. Aber wehe ich drehe mich um. Uff. Herzrasen. Klitschnasse Hände. Zittrige Knie.
Zsolt klettert mit meiner Kamera vor. Hannes folgt ihm in schnellen Handgriffen und ich nehme mir alle Zeit der Welt und klettere entspannt hinterher. Die Via Ferrata de Capusin kann ohne Guide (5 € mit eigenem Gurtzeug, 15 € wenn man Gurtzeug leiht) oder mit Guide (35 €) geklettert werden.
Ohne Guide würde ich diesen Aufstieg niemals bewältigen. Denn Zsolt motiviert mich, spornt mich an und hilft mir meine Angst zu überwinden. Mit seiner Hilfe schaffe ich es sogar eine kleines Stück im Überhang zu klettern. Dafür sichert er mich mit einem Seil, so dass ich die Karabiner nicht umstecken und mich nicht selbst sichern muss. Oben angekommen, ist die Erleichterung groß und der Ausblick über die Monts Dore absolut genial. Und ich staune wie grün die Auvergne ist.
Alle Bilder: © Hannes Schwessinger
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Meine Reise in die Auvergne wurde von Auvergne Tourismus und Atout France unterstützt und ermöglicht. Ziel war es Eindrücke französischer Naturregionen zu gewinnen und pro Region einen Film zu produzieren. Ich danke für diese Möglichkeit und garantiere, dass meine Meinung von der Einladung nicht beeinflusst wurde.
Wolfgang
6. Februar 2018, 9:37Hallo Steven,
ich bin bei der Artikel-Recherche auf deinen Reisebericht gestoßen. Hat mir gut gefallen. Das sind die interessantesten Reise-Eindrücke, die ich bisher online über die Auvergne in deutscher Sprache gefunden habe. Das schöne Youtube-Video habe ich in den Online-Artikel eingebunden. Du findest ihn hier: https://frankreich-mit-hund.de/reg/auvergne-ardeche-urlaub.htm
Steven
6. Februar 2018, 9:41Hey Wolfgang,
besten Dank für die Blumen. Schön, dass es dir gefallen hat und danke für die Einbindung des Videos. 🙂
Grüße, Steven