400 Tage fleischfrei. Jeah!
In der Nacht zum Mittwoch wird es soweit sein. Der 400. fleischfreie Tag wird anbrechen, andauern und genauso schnell wieder vergehen. Denn ohne Fleisch zu leben ist gar kein Problem! Für mich jedenfalls nicht.
Doch zunächst zum Ursprung: Wie wurde ich zum Fleischvermeider?
Vor exakt 400 Tagen, also am 03. April 2012 suchte ich online nach Kochvideos. Da ich sehr gerne neue Rezepte ausprobiere und es auch mal etwas extravaganter sein darf, schaute ich dieses Mal nach Videos zur Hummerzubereitung und: Woow, krass! Wusstet ihr, dass Hummer im lebendigen Zustand ins kochende Wasser getan werden? Mir war das vorab natürlich nicht klar. Absolut unvorstellbar ist, dass das arme Tier dabei nicht direkt stirbt, sondern bis zu 30 Minuten qualvoll leidet.
Ab diesem Punkt war mir klar, dass ich vermutlich niemals in der Lage sein werde Hummer zu essen, geschweige denn selbst zuzubereiten.
Ich surfte also weiter und sah einige Videos der PETA. Unter anderem auch zur veganen Ernährung: „Du unterstützt die Tierquälerei, wenn du Fleisch isst!“ oder „Du bezahlst die Tierquälerei, wenn du Milchprodukte konsumierst!“ lauteten die einprägsamen Parolen. Ich sah schreckliche Bilder, las gravierende Fakten und wurde nachdenklich.
Ist es möglich komplett auf Fleischprodukte zu verzichten? Kann ich meine Ernährung in unserer fleischgetriebenen Gesellschaft von jetzt auf gleich umstellen? Bringt es denn überhaupt etwas? Ja klar, war meine spontane innerliche Reaktion!
Also startete ich die unbefristete Fleischlosigkeit. Als unüberlegte Reaktion flogen alle vorrätigen Fleischprodukte sofort in die Mülltonne. Wie total bescheuert!
Dass diese Tat viel schlimmer war, als die Lebensmittel noch aufzubrauchen, wurde mir erst einige Monate später klar. Umsonst hatten die unfreiwilligen Geber nun ihr Leben gelassen. Das tat mir Leid.
Die ersten Wochen fleischfrei.
Die ersten Wochen und Monate waren insgesamt betrachtet die Schwierigsten. Danach pegelte sich die neue Denkhaltung ein und wurde ganz schnell zur Gewohnheit.
Die Umstellung der eigenen Gewohnheiten stellte für mich gar kein Problem dar.
Aus Käse-Schinken-Baguette wurde ein reines Käse-Baguette, aus Spaghetti Bolognese wurden Spaghetti mit Gemüse und bei einer Kartoffelsuppe musste ich nur auf den Speck verzichten. Echt kein Hit. Der befürchtete Verlust von Abwechslung entpuppte sich schnell als große Chance. Ich probierte folglich noch viel mehr neue Kochrezepte aus oder veränderte die Alten so, dass sie den neuen Ansprüchen nachkamen.
Viel schwieriger war es jedoch sich den Mitmenschen zu erklären. Die Reaktionen reichten von „Du bist doch bekloppt!“ über „Na wenn du meinst!“ bis hin zu „Respekt. Und das hältst du durch?“. Wie sollte ich damit umgehen?
Beim Kochen daheim oder unterwegs konnte ich selbst die Regeln definieren. Doch wie verhalte ich mich, wenn ich zum Essen eingeladen werde?
Einfach nichts essen und den anderen zusehen?
Auf fleischfreies Essen hoffen, was bei uns in Europa nur selten auf den Tisch kommt?
Oder den Gastgeber informieren und so für weitere Umstände sorgen?
Es war meistens nicht leicht, doch oft lag die Lösung in der dritten Variante. Dabei fühlte ich mich oft sehr unwohl, denn gerade wenn man eingeladen wird will man keine Vorgaben machen und wild rummosern.
Doch mein Spleen, mein Knall, diese unglaubliche Schnapsidee, die allerneuste Modeerscheinung, oder wie das was ich tat noch so genannt wurde, wurde im Laufe der Monate toleriert – wenn auch nicht von allen akzeptiert.
Was hat es mir bisher gebracht fleischfrei zu leben?
Es hat mir auf jeden Fall viele Diskussionen eingebrockt. Aber keinesfalls lästige Diskussionen! Es entstand ein reger Fluss des Austausches über viele ökologische, gesellschaftliche und politische Themen. Meine Hauruckaktion vor 400 Tagen wurde dabei größtenteils für respektabel empfunden.
Gesundheitlich habe ich keine Veränderungen bemerkt. Mir geht es genauso gut, oder manchmal auch schlecht, wie vorher. Mangelerscheinungen habe ich bisher keine. Ich denke, dass das bei einer rein vegetarischen oder gar veganen Ernährung etwas anders sein wird. Fleischfrei sein heißt nämlich, dass ich weiterhin Fisch- & Milchprodukte zu mir genommen habe.
Irgendwie bestärkt mich das Gefühl etwas ökologisch Gutes und gesellschaftliche Richtiges zu tun in meiner aktuellen Ernährung. In vielen Teilen der Welt wird gehungert. Wie können wir dann Nahrungsmittel als reine Futterpflanzen anbauen? Oder gar für Treibstoff oder Verpackungen weiterverarbeiten? Warum können wir diese Agrarflächen nicht ausschließlich für den Anbau von direkter Nahrung verwenden?
Weiterhin bestärken mich die folgenden Zahlen, die in den Medien hin und wieder präsentiert werden. Hier ein paar interessante Fakten, die sicherlich zum Nachdenken anregen:
- Mehr als 1000 Tiere verzehrt ein Deutscher im Laufe des Lebens!
- Zur Herstellung von 1 Kilogramm Fleisch werden 5455 Liter Wasser benötigt!
- Zur Herstellung von 1 Kilogramm Käse werden 4000 Liter Wasser benötigt!
- Zur Herstellung von 1 Kilogramm Milch werden 1100 Liter Wasser benötigt!
- Der durchschnittliche Fleischverbrauch pro Person und Jahr liegt in Deutschland bei 89 Kilogramm!
- Die Deutschen essen heute viermal soviel Fleisch, wie noch Mitte des 19. Jahrhunderts!
- Ein Durchschnittsdeutscher isst im Laufe seines Lebens 4 Rinder, 4 Schafe, 12 Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner!
- Nach Energieerzeugung und Industrie ist der Agrarsektor der größte Freisetzer von Treibhausgasen.
- Die Landwirtschaft verbraucht 70% des verfügbaren Süßwassers. Einen besonders großen Anteil hat daran die Bewässerung von Futterpflanzen.
Alle Angaben sind der Berliner Zeitung vom 11. Januar 2013 entnommen und von folgenden Organisationen: WWF, Heinrich-Böll-Stiftung, Le Monde Diplomatique, waterfootprint.org und centerforfoodsafety.org. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Oli von Kaffeeersatz für den Zeitungsausschnitt!
Die Zahlen belegen also, dass ich persönlich bisher mindestens 100 Kilogramm Fleisch und somit über 545.500 Liter Wasser eingespart habe! Klar hat der Kritiker Recht, der behauptet, dass nur wegen mir nicht weniger produziert wurde. Doch wie auch bei allem Anderen – beginnt es im Kleinen. Also, probiert es aus und vielleicht sparen wir im nächsten Jahr schon doppelt so viel Fleisch, Wasser und Treibhausgase! In Deutschland sind es laut Statista immerhin schon 6,4 Millionen Menschen, die bewusst fleischlos leben!
Gomodsson
13. Juli 2013, 23:04Also, appetitlich sieht anders aus… Ein bisschen eklig die Bilder.
Steven
14. Juli 2013, 12:21Dein ernst? Finde ich gar nicht!
Laura
2. August 2013, 14:59Auf jeden Fall RESPEKT !
Coco
27. August 2015, 12:27Wäre es nicht sinnvoller, vegan zu leben? Wo du doch eh schon die Zahlen vorliegen hast und schreibst: „In vielen Teilen der Welt wird gehungert. Wie können wir dann Nahrungsmittel als reine Futterpflanzen anbauen? Oder gar für Treibstoff oder Verpackungen weiterverarbeiten? Warum können wir diese Agrarflächen nicht ausschließlich für den Anbau von direkter Nahrung verwenden?“
Steven
27. August 2015, 17:41Ja, ist es. Habe ich auch schon mal testweise. Lebst du vegan?
Aber du hast Recht, ich bin nicht vollständig konsequent.