Schildkröten-Retter im Urlaub

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15 Dez

Schildkröten-Retter im Urlaub

15. Dezember 2014

von Carina Hofmeister
Baby_Schildkroeten_Meer
Mühsam schleppt sie sich über den Strand.
Die Strapazen der letzten Stunden haben sie ihre letzte Energie gekostet.
Auf dem Sand kann sie sich nicht gut bewegen. So dauert der Weg noch länger.
Doch sie hat es bald geschafft, das Meer ist nahe.
Heute möchte ich euch vom Schutzprogramm für die großen Meeresschildkröten erzählen, bei dem meine beiden Freundinnen und ich dieses Jahr in unserem Urlaub auf Borneo helfen durften.
 
Wir waren bereits etwa drei Wochen auf Borneo unterwegs und hatten schon viele besondere Orte gesehen. Einerseits haben wir komplett naturbelassene, wunderschöne Regenwälder kennengelernt und zum Beispiel im Kubah Nationalpark den kleinsten Frosch Asiens, eine echte Rarität, gesehen.
Aber andererseits haben wir auch die schlimmen und traurigen Seiten der Insel gesehen: Frisch gerodete Regenwälder, kilometerlange Palmöl-Plantagen und etliche Laster beladen mit riesigen Tropenholzbäumen.
Und so waren wir fasziniert von Borneo aber gleichzeitig auch irgendwie frustriert.
Das änderte sich allerdings sofort als wir zum Ende unserer Reise noch eine einmalige Chance erhielten, die uns wieder einen gewaltigen Schub an Motivation geben sollte:
Wir durften auf eine einsame Insel und beim Schutz der großen Meeresschildkröten mithelfen.
Leider ist es nämlich um die Meeresschildkröten sehr schlecht bestellt. Massiver, rücksichtloser Fischfang und Plastik in den Meeren führen dazu, dass es immer weniger Schildkröten gibt.
Aus diesem Grund wurden viele Schutzprojekte ins Leben gerufen, die vor allem dabei helfen, dass möglichst viel Nachwuchs der Meeresschildkröten überlebt. Auch das Schutzprojekt auf dieser Insel vor Sarawak hat sich auf diese Schutzstrategie konzentriert.
Während der Eiablagezeit von Mai bis August kommen jeden Abend Mutterschildkröten an den Strand der Insel und graben ein Loch, das fast einen Meter tief ist. Für so ein behäbiges Tier schon eine außergewöhnliche Leistung. Danach legen die Mütter ihre Eier hinein, schaufeln das Nest vorsichtig wieder zu und schleppen sich unter großen Anstrengungen zurück ins Meer.
Uns haben diese besonderen Tiere immens beeindruckt!
Allein die Größe war schon erstaunlich und als wir erfuhren, dass die Tiere wahrscheinlich 50 Jahre oder älter sind, konnten wir nur noch staunen.
Nach der Eiablage war es unsere Aufgabe, die frisch gelegten Eier der Schildkröten wieder auszugraben, zu zählen und an einen Ort bringen, wo sie vor natürlichen Feinden geschützt sind. Denn ohne Schutz schafft es von einem Gelege mit über 100 Eiern nur ein Bruchteil der Jungen auch ins offene Meer. Vorher lauern viele Gefahren wie Seevögel, Echsen oder sogar Krabben, die sich geradezu auf die schmackhaften Schildkröteneier spezialisiert haben und so ganze Gelege zerstören können.
Indem wir die Eier ausgegraben und in die Aufzuchtstation gebracht haben, wo sie vor diesen Gefahren geschützt sind, haben wir dazu beigetragen, dass mehr Schildkrötenbabys ihren Weg ins sichere Meer finden. Das war schon ein tolles Gefühl!
Baby_Schildkroeten_Eier
Baby_Schildkroeten_Eier_Nest
Nachdem wir die Eier gezählt, umgesiedelt und die Gelege markiert haben, wird es noch etwa 60 Tage dauern bis aus „unseren“ Eiern die Kleinen schlüpfen und den Weg zum Wasser wagen.
Während unseres Aufenthalts hatten wir aber das Glück, dass vier (!) andere Nester mit über 200 Baby-Schildkröten geschlüpft sind!
Meeresschildkroeten_Spuren_Strand
Meeresschildkroeten_Mutter_Meer
Meeresschildkroeten_Mutter_Eiablablage
Schildkroeten_Mutter_Eiablablage
Und dann hatten wir alle Hände voll zu tun!
Wir mussten die über 200 Babys aus ihren Nestern nehmen, sie wieder zählen und dann vorsichtig in einen Transporteimer setzen. Bevor wir sie zum Wasser bringen konnten, mussten wir noch bis Ebbe warten, damit sie nicht mit den Flutwellen wieder an den Strand gespült werden.
Als es dann endlich soweit war, ließen wir die Babys vorsichtig aus dem Eimer gleiten und leuchteten mit Taschenlampen aufs Wasser. Und die kleinen Schildkröten, die sich am Licht orientieren, wetzten sofort drauf los!
Der Anblick, wie eine neue Generation der Meeresschildkröten entsteht und ihren Weg ins Leben wagt, war einfach unbeschreiblich! Sprachlos konnten wir nur staunen und dieses Naturwunder, bei dem wir selbst helfen durften, beobachten.
Somit ging auch für mich persönlich einer meiner größten Träume in Erfüllung! Seit langer Zeit hatte ich mir nämlich schon gewünscht, diese beeindruckenden Meeresbewohner einmal im echten Leben zu sehen. Und dass ich auch noch selbst dabei helfen konnte, die kleinen Schildkröten ins sichere Wasser zu begleiten, machte dieses Erlebnis umso wertvoller für mich.
Baby_Schildkroeten_Nest
Baby_Meeresschildkroete
Baby_Schildkroete
Dennoch muss ich eines dazu sagen:
Trotz aller Bemühungen solcher Schutzprojekte: Der Schutz der großen Meeresschildkröten fängt beim Fischkonsum an und hört beim Gebrauch von Plastikgegenständen auf. Auch mit unserem Verhalten haben wir eine Auswirkung auf den Erhalt dieser beeindruckenden Tiere!
Natürliche Feinde von Schildkröten hat es schon immer gegeben und damit kommen gesunde Populationen auch klar. Schwierig wird es nur, wenn der Bestand sowieso schon dezimiert ist. Dann kommt es wirklich auf jede einzelne Baby-Schildkröte an, die ihren Weg ins Wasser finden muss!
Nur noch ein paar Mal muss sie sich mit gesamter Kraft nach vorne schieben.
Dann umspülen die ersten Wellen ihre Beine und den Panzer.
Jetzt ist sie wieder in ihrem Element.
Ihre Hinterbeine stoßen sie noch einmal kräftig vom Strand ab und schon ist sie in den Fluten verschwunden.
 
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Dieser Gastbeitrag von Carina ist ein Teil des Funkloch Adventskalenders 2015, bei dem Reisende über “Gutes tun” berichten.
Eine Übersicht aller Adventskalender-Beiträge findet ihr hier.
carina_hofmeister_naturblogCarina schreibt auf last-paradise.com über die letzten Paradiese dieser Welt. Doch damit meint sie nicht etwas Luxusreports an weißen Stränden oder Glaskästen-Lofts im Dschungel. Nein, Carina nimmt uns bei ihren Reisen mit in die wirklichen naturbelassenen Paradise dieser Welt. Sie zeigt unentdeckte Orte, hilft bedrohten Tierarten dieser Welt und zeigt wie man nachhaltig reisen kann.
 

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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