Lissabon – zwischen Frühlingscharme und Weltschmerz

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Lissabon Castelo
3 Jul

Lissabon – zwischen Frühlingscharme und Weltschmerz

3. Juli 2013

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Wie viele Worte braucht es dann, um den beispiellosen Charme einer Stadt zu beschreiben?
Zu viele! Daher nehme ich mir den Fado als musikalische Metapher und einige Schnappschüsse zur Hilfe. Nun aber: Musik ab und losgelesen!

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Die Hauptstadt Portugals steht weltweit wie keine andere Stadt für die Seefahrt. Sie liegt am westlichsten Ende Europas und ist durch die Mündung des Tejo direkt mit dem Atlantik verbunden. Von hier aus startete Vasco da Gama seine zahlreichen Entdeckungsfahrten und erreichte 1498 Indien über den Seeweg um Afrika!
Viele Denkmäler oder Orte, wie der Torre de Belém und der Praca do Comércio weisen noch heute auf die Zeiten der Seefahrt hin und verkörpern noch immer ein sagenumwobenes Gefühl.

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Ebenfalls typisch für Lissabon sind die sogenannten „Azulejos“. Damit sind bemalte Fliesen gemeint, die in der ganzen Stadt in überwiegend blauen Farben zu sehen sind! Es gibt kaum ein Gebäude, Restaurant oder einen Platz, der ohne diese kreativen Prachtexemplare auskommt. Abgebildet sind meistens historische Zeichnungen der jeweiligen Orte. Sie helfen dabei, die Geschichte der Stadt Revue passieren zu lassen!
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Die Entdeckung des Seeweges spülte viel Reichtum ins Land, da so Gewürze und andere Waren günstig aus Asien importiert werden konnten.
Heute legen hier hauptsächlich große Kreuzfahrtschiffe an, die einige Touristen ins Land schwemmen. Trotzdem habe ich nicht den Eindruck, dass Lissabon touristisch überlaufen ist.
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Wie überall sonst hat man keine Probleme, den Touri vom Einheimischen zu unterscheiden. Das liegt nicht etwa am besonders schrägen Auftreten des Touris, sondern am Antagonisten.
Egal, ob im Restaurant, auf der Straße oder am Flughafen: Die Mentalität der Einheimischen strahlt geradezu vor Gelassenheit und Gastfreundlichkeit. Folglich hatte ich oft den Eindruck, dass die Deutschen einfach verkorkst sind. Wir sind oft gestresst, meistens unfreundlich und immer in Hektik. Im Vergleich dazu kommt einem ein Urlaub in Südeuropa gleich doppelt entspannt vor!
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Lissabon ist Hauptstadt und Metropole, doch irgendwie auf eine andere Art. Die kleinen Gassen entschleunigen die Stadt ungemein. Sie sorgen zum einen für eine Dämpfung der Lautstärke und zum anderen scheinen sich die Einwohner und Besucher der Stadt besser zu verteilen.
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Die Einwohner verkörpern nicht nur Gastfreundlichkeit, sondern auch Zufriedenheit. Selbstzufriedenheit. Sie streben nicht nach Reichtum und geben sich zugunsten des Seelenfriedens mit dem zufrieden, was sie haben. Sie treffen sich am Nachmittag nicht zu Schampus und Kaviar, sondern zu Pastel de Nata und Espresso. Sie wohnen nicht in Luxusvillen, sondern in maroden Häusern am Fluss. Sie fahren keine Edelschlitten, sondern einfache Autos.
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Doch die finanziellen Probleme der Stadt steigen. Das bekommen wir auch aus der Ferne mit, wenn Euro-Rettungspakete beschlossen werden und Ratingagenturen ihre Einschätzungen abgeben. Vom ursprünglichen Reichtum der Seefahrernation ist nichts mehr zu spüren. Gerade in der Infrastruktur erkennt man erhebliche Mängel. Die Straßen sind beispielsweise sehr schlaglöchrig und einige Häuser sind abgesperrt, da sie einsturzgefährdet sind. Traurig, wenn man sieht wie es der Stadt ergeht. Dabei ist Lissabon noch der wohlhabendste Teil des Landes!
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Einige Einwohner sind frustriert und schieben die Schuld auf Europa.
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Doch der Großteil der Bevölkerung sieht die Schwächen in der eigenen Regierung und langfristig angelegten Fehlern und Mängeln. „Betet für Portugal!“ sieht man als Graffiti und an zahlreichen Toilettenwänden.
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Es ist dieser Kontrast zwischen Akzeptanz und Frustration, der das Lebensgefühl der Stadt ausmacht. Es ist eine Mischung aus Selbstzufriedenheit und melancholischem Verzagen. Eine Mischung aus Liebe, Hoffnung und Weltschmerz. Es ist einfach wie der Fado selbst. Einem Musikgenre, das in und über Lissabon entstanden ist. Ein Musikstil, der noch heute in der ganzen Stadt verbreitet ist und nachdenklich stimmt. Das ist Lissabon.
„Das ist das Paradies, das wir erst dann als Paradies zu erkennen zu wissen,wenn wir aus ihm vertrieben sind.“ (nach Hermann Hesse)
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Meine weiteren Artikel zum Thema:
Nur 24 Stunden in Lissabon? Kein Problem! So kann man die Stadt in nur einem Tag erkunden: Lest es auf Kaffeeersatz.
Eine Hommage an die unglaublich leckersten Törtchen, die Pateís de Bélem folgt auf Travel on Toast.
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Kommentare
  • Einfach bewusst
    5. Juli 2013, 9:40

    Schöne Musik, schöne Stadt, schöne Fotos. Vielen Dank, Steve. Erinnert mich an meine beiden Reisen nach Portugal vor rund zehn Jahren.
    Viele Grüße aus Franken,
    Christof

      • Christof
        23. Juli 2013, 8:39

        Algarve, Lissabon, Coimbra, Porto usw. Habe zwar damals auch bisschen was von der Natur gesehen, würde das nächste Mal aber v. a. zum Wandern kommen.
        Gruß aus Franken,
        Christof

  • Hanefi
    12. Juli 2013, 11:52

    Lissabon ist eine der schönsten Städte für mich.
    Ein Pasteis mit an den Hafen und den Sonnenuntergang genießen, das ist für mich Perfektion.
    Danke für den tollen Bericht!
    LG

  • The Hagenz
    26. März 2014, 15:50

    Ein wirklich schöner und stimmiger Artikel über diese sagenhafte Stadt.
    Sonnige Grüße aus Alfama!

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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