Herbstliche Radtour auf der Flaeming-Skate
Auf Einladung im Fläming.
Erst seit wenigen Tagen bin ich nach einer längeren Reise zurück in Deutschland. Zurück Zuhause. Die Zeit der Abenteuer liegt nun hinter mir, denke ich und hinterfrage diese Beobachtung noch im gleichen Moment. Haben wir nicht jede Woche eine neue Chance auf Abenteuer?
Wir können doch jede Woche etwas Spannendes erleben, oder? Darum nehme mir vor einmal je Woche etwas besonders zu unternehmen. Das kann ein langer Spaziergang durch den angrenzenden Park sein, ein Kochkurs oder ein Tag auf dem Fahrrad. Letzteres unternehme ich heute. Es geht in den Fläming.
Jüterbog – eine Kleinstadt mit historischem Stadtkern
Vom Bahnhof Jüterbog muss ich kaum in die Pedalen treten. Bergab rolle ich in das kleine Städtchen ein. Direkt am Marktplatz liegt das Café „Die Förste“. Hier trifft sich am Morgen das muntere Jüterbog, zum Frühstück, zum Plaudern oder um Geschäfte zu besprechen. Am Nebentisch werden Events geplant, während zwei ältere Herren weiter vorne ihre Rente mit einem kleinen Frühstück genießen. „Wie immer“, höre ich mehrere Male. Ich liebe das Reisen, aber ich liebe es genauso anzukommen. Wie gerne erinnere ich mich an die Besuche bei meinem Lieblingsbäcker. „Wie immer“, sagte ich damals und bekam ein Fitnessbaguette mit Rührei und einen Cappuccino bei Kaya in der Boxhagener Straße. Heute sind es die anderen, die mit dieser Zauberformel bestellen. Ich bin nur ein Gast.
Ein weiterer alter Bekannter betritt das Café. Norbert Jannek ist der Leiter der Jüterboger Museen. Er ist stadtbekannt und grüßt am Nebentisch. Eben wurden dort noch Events besprochen. Nun genießt eine pensionierte Lehrerin ein Stück Kuchen. Sie hat auch den jungen Norbert Jannek unterrichtet. Ich liebe diese Kleinstadt schon jetzt. In Berlin schwimmen wir in einer anonymen Masse. Ich kenne kaum meine Nachbarn. Doch in den letzten dreißig Minuten habe ich hier mehr Leute und Geschichten kennengelernt, als in einem ganzen Jahr bei mir vor der Haustür.
Norbert Jannek trinkt einen Kaffee, dann ziehen wir los. Wir machen eine Reise durch die Geschichte. Bereits 1174 erhielt Jüterbog das Stadtrecht. Damit ist die kleine Stadt im Landkreis Teltow-Fläming die zweitälteste in Brandenburg und schon über 800 Jahre alt. Mir geht diese Tatsache immer wieder durch den Kopf, während ich den schnellen Schritten Janneks folge. Wie hier die Menschen wohl im Mittelalter unterwegs waren? Darauf hat Norbert Jannek ungefragt eine Antwort. Er zeigt mir die Überreste einer mittelalterlichen Straße, die gerade bei Bauarbeiten unter der B 102 gefunden wurden. Damals diente noch Holz als Straßenuntergrund. Luftdicht unter Asphalt versiegelt, haben die alten Holzbalken noch immer einen überraschend guten Zustand.
Nach Kinder-, Stadt- und Kirchenmuseum machen wir noch einen kurzen Abstecher in die Stadtkirche St. Nikolai. In der Kirche befindet sich eine große Truhe aus Holz. Ihr wird nachgesagt, dass sie einst dem Ablassprediger Johann Tetzel gehörte. Tatsächlich erheben viele Holztruhen diesen Anspruch, erklärt mir Norbert Jannek. Allerdings ist es bewiesen, dass Tetzel einst vom Erzbischof von Mainz nach Jüterbog geschickt wurde und hier predigte.
Eine Tour mit Norbert Jannek ist wie eine Reise in die Vergangenheit. Meine 90-minütige Tour mit ihm war viel zu kurz. Jannek hat so viel zu erzählen, dass wir vermutlich noch immer in Jüterbog unterwegs wären, wenn ich nicht noch mehr Orte auf meiner Tagesplanung gehabt hätte.
Eine Führung mit ihm bzw. seinen Kollegen kann in der Stadtinformation gebucht werden, findet ab fünf Personen statt und kostet für eine Gruppe etwa 60 Euro.
Auf der Flaeming-Skate nach Luckenwalde
Weiter geht es auf dem Rundkurs 1 der Flaeming-Skate in Richtung Luckenwalde. Unterwegs fällt mir auf, dass der Begriff „Radtour“ vielleicht etwas zu hoch gesetzt ist. Ein Mittagessen naht schon in wenigen Minuten im Landgasthof Jüterbog. Ich erreiche den weitläufigen Erlebnishof. Aus dem Stall guckt neugierig ein Pferd. Direkt dahinter befindet sich das Restaurant. Ich bin kaum hungrig und wähle einen Flammkuchen mit Pilzen und Kartoffeln aus der Region. Ein Flammkuchen passt immer! Allerdings kann ich kaum ahnen, dass es sich dabei wohl um einen Flämiger Riesenflammkuchen handelt. Challenge accepted.
Ratzepudelsatt brauche ich nur wenige Minuten bis zum nächsten Stopp. Unterwegs habe ich genug Zeit, um ein paar Fotos von der Landschaft zu machen und einige Äpfel zu pflücken. Für Zuhause, selbstverständlich.
Am Skate-Point treffe ich Katharina. Sie unterrichtet Schulklassen im Inlineskating und bringt mir die ideale Bremstechnik bei. Wer keine eigenen Skates besitzt, kann welche im Gasthaus „Zum Eichenkranz“ leihen. So kann die Flaeming-Skate auch auf Inlinern erobert werden.
In Luckenwalde führt mein Weg schnurrstracks zum Marktturm. Davor wartet schon Renate Taulin. Die liebevolle Dame hat es heute eilig, sie muss zu ihren Enkelkindern. Ich kann mir sofort vorstellen, dass sie eine wunderbare Oma abgibt. Beim Aufstieg auf den 19 Meter hohen Turm zögert sie nicht mit Witzeleien. Hinter einer kleinen Holztür leuchtet ein schwaches Licht. Lachend verrät sie, dass sie Kindern oft erzählt dahinter würde ein Kobold leben. Von ungläubigen Blicken bis zum Heulkrampf hat sie schon alle Reaktionen der Kinder erlebt. Auch mir wird etwas unwohl dabei gleich den Kobold kennenzulernen.
Doch tatsächlich treffen wir nur auf tausende Fliegen, die auf der Aussichtsplattform gerade dabei sind Taulins Turm zu zerfressen. Bis zum Berliner Fernsehturm könnte man von hier blicken, erklärt Renate Taulin. Und ehe ich mich versehe, steige ich genau dort wieder aus dem Zug. Mein Ausflug in den Fläming ist schon wieder vorbei. Aber der nächste steht direkt vor der Tür.
Im Sommer 2018 war ich das erste Mal auf der Flaeming-Skate, den Beitrag findest du hier.
No Comments