Die Besteigung des Mount Fuji | Japan #asientrip

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Mount Fuji Japan
10 Aug

Die Besteigung des Mount Fuji | Japan #asientrip

10. August 2013

„Ich bin am Ende meiner Kräfte und brauche eine lange Pause. Zum Trinken habe ich auch nichts mehr. Und ich habe die falsche Kleidung bei. Du musst ohne mich weiter gehen.“
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Das waren die englischen Worte des jungen Chinesen Raphael, als wir uns nach etwa 30 Minuten gemeinsamer Wegstrecke trennten. Zum Abschied hatte ich seine Trinkflasche noch mal mit Wasser gefüllt, da hier oben die Preise wirklich sehr hoch sind. Raphael war wirklich nicht gut vorbereitet. Er hatte für den Trip, der mit sechs bis sieben Stunden Aufstieg und etwa vier Stunden Abstieg beziffert ist, nur einen halben Liter Wasser bei, nichts zum Essen sowie nur ein T-Shirt und eine kurze Hose an. Wie hatte er es sich vorgestellt den größten Berg Japans zu besteigen, der mit einer Höhe von 3776 Metern sogar einiges höher ist als die Zugspitze?

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Verpflegungsstationen gibt es auf dem Mount Fuji etwa alle 400-500 Höhenmeter.

Die Vorbereitung auf die Besteigung des Mount Fuji.

Schon vor der Abreise in Deutschland war für mich klar, dass ich diesen Berg bezwingen wollte. Mit meinen Wander-, Lauf- und Triathlonerfahrungen erhoffte ich mir gute Chancen. Die finale Planung erfolgte jedoch erst in Japan, nachdem ich die Berichte und Erfahrungen der anderen Kletterer gehört hatte.

flickr_ Lee Ming Hui

Lee Ming Hui | flickr
Der Mount Fuji ist fast ganzjählich mit Schnee bedeckt, außer in der Klettersaison im Juli und August.
Die meisten erklimmen den Mount Fuji bei Nacht, um von der Spitze des Berges den Sonnenaufgang zu sehen. Dafür beginnen sie am Vorabend den Aufstieg, nächtigen in einer der Berghütten und beginnen den finalen Aufstieg kurz vor Sonnenaufgang.
Natürlich kann der Aufstieg zur Spitze des Mount Fuji auch in kompletter Dunkelheit in einem direkten Aufstieg oder mit sogar zwei Übernachtungen bei jeweils Auf- und Abstieg erfolgen.
Ich entschied mich entgegen aller Varianten für einen Tagestrip auf den Vulkan. Das hatte einen wesentlichen Grund. ICH HABE FURCHTBARE ANGST IM DUNKELN. Klingt zwar lächerlich, ist aber so. Was würde ich nur tun, wenn meine Kopflampe ausfällt? Wenn ich den richtigen Weg nicht finde oder wenn mich das Bergmonster versucht zu entführen und in seiner Höhle gefangen hält? Ich habe schon Angst in meiner Wohnung den dunklen Flur entlang zu gehen und dann sollte ich einen stockfinsteren Berg erklimmen??? Nee, nee, nee, das war mir nichts.
Vor Ort entschied ich mich außerdem dazu den Yoshida Trail zu wandern. Warum? Er scheint der „beste“ zu sein, außerdem hatte ich keine Karte für einen anderen Trail in der Touristeninformation bekommen. 😉
Am besagten Morgen startete ich bei luftigen 33°C mit einem 20-minütigen Warm-up zur Bushaltestelle. Der Bus sollte mich bis zur fünften von insgesamt neun Stationen des Berges bringen. Von hier aus starten nahezu alle Wanderer, da man vom Fuße des Berges etwa 13-14 Stunden bis zum Gipfel braucht…

Meine Ausrüstung im Kampf mit den Mount Fuji.

– 4l Wasser
– eine Packung Cookies
– etwas Knabberzeug
– Mittagessen
– Kaugummis
– ein kleiner 10l Rucksack, der fast alles beherbergen musste
– Kartenmaterial
– Reisepass, Krankenkarte, Geldbeutel, das ganze Paket
– Desinfektionsmittel (man weiß ja nie)
– ein Erste-Hilfe-Set
– zwei Shirts, Pullover, Regenjacke, kurze Hose, Jeans (sehr schwer, aber eine andere lange Hose habe ich nicht bei)
– normale Laufschuhe
– mein Notebook (ich wollte es nicht unbeaufsichtigt im Hostel lassen)
– Spiegelreflexkamera
– Outdoor-Kamera
– iPhone, inkl. Ladegerät und Solarakku
Insgesamt waren es durch das viele Wasser, das Essen und die viele Technik beim Antritt des Trips etwa 12 kg Gepäck.

Der Aufstieg auf den Mount Fuji.

Es begann wie eine ganz normale Wanderung im Wald. Vorbei an Bäumen und Sträucher mit leichtem Gefälle. Ähm, moment mal: Gefälle? Ich wollte doch den Berg hinauf! Laufe ich gerade in die falsche Richtung? Habe ich schon in dieser frühen Phase den Yoshida Trail verloren? Ich war mir echt unsicher. Also inspizierte ich die Wandergruppe vor mir. Alle waren gut drauf, lachten, hatten pralle Rucksäcke und volle Trinkflaschen. Ja, volle Trinkflaschen! Ich bin in die richtige Richtung unterwegs! Es sollte sich herausstellen, dass es tatsächlich die richtige Richtung war. Yeah.
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Nach etwa 10 Minuten traf ich Raphael. Unsere Bekanntschaft begann wie alle Bekanntschaften hier mit: Hi! Where are you from?
Wir gingen einen Teil des Weges zusammen und sprachen über unser Leben vor Mount Fuji. Ein nettes Kerlchen, dieser Raphael. Leider musste ich ihn nach weiteren 30 Minuten in der ersten Berghütte zurück lassen.
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Überholt hatten uns bisher nur John aus Indiana, sowie zwei weitere, aber recht mundfaule, Amerikaner.
Nach der Waldetappe folgten in der nächsten Stunde steile Wege mit Kies, Geröll oder faustgroßen Steinen. Ich rutschte permanent weg, hatte keinen richtigen Halt und schwitze bei windigen 20°C wie in der Dampfsauna, und das, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch kurze Hose & T-Shirt trug. Wie sollte das nur weiter gehen?
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Es folgte bei etwa 2700 Höhenmeter ein noch härterer Abschnitt. Es ging für gute eineinhalb Stunden nur noch mit Kraxeln voran. Ich stopfte meine Kamera in den Rucksack, schnürte ihn eng an meinen Körper und krabbelte auf allen Vieren voran. Endlich machten sich auf dieser Insel mal meine langen Beine nützlich. Im Bus, in der Bahn oder sogar im Bett waren sie einfach zu lang. Um den verfluchten Berg hochzuklettern waren sie perfekt.
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Der letzte Abschnitt bis zum Gipfel war eine Mischung aus beiden Etappen davor. Doch mit jedem Schritt wurde es kälter und windiger. Ich wechselte mein klitschnasses Shirt und zog einen Pullover an. Kurz darauf war es so windig, dass ich sogar die Regenjacke anziehen musste. Für diesen Abschnitt benötigte ich mit Pausen auch etwa eineinhalb Stunden, so dass ich nach knapp vier Stunden endlich den verflixten Gipfel erreichte.

Höhenflug.

Oben war die Euphorie und die Freude über den gemeisterten Aufstieg natürlich am größten. Hier waren alle Anstrengungen vergessen und es war endlich Zeit ausgiebig zu rasten. Um eine gute Zeit zu erzielen, hatte ich nur 5-10 Minuten Pausen gemacht. Warum ich mich so hoch gehetzt habe, weiß ich heute auch nicht mehr. Es war einfach der innere Ehrgeiz vor der Durchschnittszeit oben anzukommen.
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Nun folgte das verdiente Mittagessen am Krater. Typisch deutsch gab es am höchsten Punkt Japans… Kartoffeln. Ich staunte beim Proviant shoppen am Vortrag selbst nicht schlecht, als ich sie im Kühlregal entdeckte. Nun staunten die Japaner.
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Noch während der Gipfelzeremonie wurde mir klar, dass ich auch noch runter musste. Ich Blitzmerker!

Der Fall.

Und der Weg runter war leichter gedacht als getan. Während der Aufstieg sehr anstrengend war und eine riesige Herausforderung bildete, so war der Abstieg eher lästig. Voran ging es durch das Gefälle automatisch. Doch das etwa 10-20 cm tiefe Kies-Sandgemisch machte ein sicheres Runtergehen unmöglich. Ich knickte milliardenfach um, rutschte weg oder stolperte. Nun gut, ich hatte auch keinen Asphaltweg erwartet. Es dauerte trotzdem einige Zeit, bis ich die richtige Technik fand: kurvenschlängelndes Hackengehen. So hatte ich genügend Grip auf dem Untergrund und durch das schräge bergab gehen nicht so viel Geschwindigkeit drauf. Auch rückwärts gehen war eine gute Methode, sah nur absolut bescheuert aus.
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Während auf dem Weg hoch zum Berg noch verschiedene Gesteine zu überwinden waren, so war der Weg runter umso eintöniger. Nein, sogar echt langweilig! Gut, dass ich John an einer der Berghütten wieder traf. So hatte ich wenigstens einen neuen Weggefährten. Wir sprachen nicht nur über das „vor“, sondern auch über das „nach Mount Fuji“. Witziges Kerlchen, dieser John, der im Rahmen seines Architekturstudiums weltweit reist, um Punkte für seinen Abschluss zu sammeln.
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Nach zweieinhalb Stunden bergab Wanderung erreichten wir dann hungrig und durstig, aber glücklich, den Startpunkt unserer Expedition. Kurz vor der gemeinsamen Bushaltestelle sagte ich scherzhaft zu John: „Ich bin am Ende meiner Kräfte und brauche eine lange Pause. Zum Trinken habe ich auch nichts mehr. Du musst ohne mich weiter gehen.“

Ihr habt jetzt so richtig Lust auf die Besteigung des Mount Fuji? Dann holt euch euch in diesem Artikel von Wanderweib zur Mount Fuji Besteigung die wichtigsten Tipps ab. Nach dem Lesen sollten keine offene Fragen mehr übrig sein!
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frisch gebloggt am 11. August um 10:03 Uhr japanischer Zeit.
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Kommentare
  • Barbara
    11. August 2013, 14:42

    Klasse geschrieben, ich hatte den Bus genommen, trotzdem ein überwältigendes Erlebnis.. Viel Freude weiterhin… Ich lese gerne mit… 🙂

  • Tino
    12. August 2013, 16:20

    Hallo Steven,
    schön Deine Erlebnisse zu lesen und vor allem auch mal ein paar Fotos ohne Menschenmassen zu sehen 😉 Ich war letzte Woche am Mt. Fuji- habe mich allerdings für einen Ausflug über Nacht entschieden, d.h. ich bin am Nachmittag hoch, habe dort übernachtet und früh am Morgen (um genauer zu sein bereits um 2 Uhr in der Dir so geliebten Dunkelheit) zum Spitze hinauf. Entgegen Deinen Eindrücken fand ich es beim Sonnenaufgang oben einfach traumhaft – allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass es tagsüber recht unspektakulär ist – schön war es in der aufgehenden Sonne die unterschiedlichen Gesteinsschichten unterschiedlich erstrahlen zu sehen: http://www.tinontour.com/sonnenaufgang-am-mt-fuji-mein-geburtstag-einmal-anders
    VG aus Kyoto
    Tino

  • Wanderweib
    31. Juli 2015, 9:52

    Hallo Steven,
    dein Bericht ist einfach klasse! Du hast einen schönen Schreibstil! Letzte Woche habe ich an einer drei Tagestour teilgenommen. Bei mir war der Sonnenaufgang auf dem Fuji wunderschön. 🙂
    http://wanderweib.de/besteigung-mount-fuji-japan/
    Allerdings kann ich deine Angst im Dunkeln gut verstehen. 😉
    Viele Grüße aus Tokio

  • Heinz Rolf, der Japan-Fan
    6. Mai 2017, 15:40

    Hallo Steven,
    Deine Lauf- und Triathlonerfahrungen in allen Ehren! Aber ich kann mich noch gut an eine Geschichte erinnern, die mir bei einer Besteigung des Kilimanjaro begegnete. Im Anschluss an einen Marathon versuchte eine größere Gruppe von Läufern samt Lebenspartner auf den Berg zu gelangen. Du wirst lachen: Keiner der Läufer hat es geschafft, und die Partner – alles keine bis GelegenheitsläuferInnen sind fast alle hochgekommen. Lessons Learnt: Langsam gehen.
    Also nicht zu sehr auf das Ausdauertraining hoffen, vor allem wenn es demnächst mal etwas höher gehen soll 😉

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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