Der gute Muslim
von Johannes Klaus
Nairobi, Kenia
Es gibt Gegenden, deren Einwohner dem Reisenden gegenüber traditionell nicht sehr entgegenkommend verhalten. Es kann die Übersättigung an reichen, lauten Touristen sein, die am Ende lediglich als Geldbeutel auf Beinen gesehen werden. Oder aber der ständige Kampf ums Überleben hat ein grundsätzliches Misstrauen, vor allem Fremden gegenüber, erzeugt. Beides habe ich in den letzten Monaten erlebt, und es war keine schöne Erfahrung.
Jetzt mühe ich mich über lange Kilometer durch Kenia, von Isiolo nach Nairobi, weiter bis nach Kisumu am Lake Victoria. Ich bin müde. Die langen Tage zusammengepfercht in klapprigen Bussen, auf dem Truck, über schlechte Pisten, mit feindseligen Eingeborenen und wenig Essen, durch den Süden Äthiopiens und schlaflos durch den Norden Kenias nach Isiolo – das hat mir viel Energie geraubt. Mein Ziel ist Uganda, um dort zu regenerieren. Gepflegt Silvester zu begehen. Doch vorher möchte ich noch ein wenig im kenianischen Kisumu, einem Ort am Victoriasee, bleiben.
Warum ich nicht in Kenia bleibe? Nun, das liegt an den Menschen, die ich treffe. Ich mag sie nicht, und sie mögen mich auch nicht. Gerne hätte ich mich ein paar Tage an einem liebreizenden Strand im Sonnenschein gedöst, aber in der Weihnachtssaison – keine Chance, viel zu teuer. Und vermutlich auch nicht meine Welt gerade, mitten unter turtelnden Urlaubspärchen, die für einige Tage dem europäischen Winter entfliehen.
Doch immer wenn ich keine große Freude habe mit den Menschen des Landes, dann kommt der Eine. Der alles wieder rausreißt, und das Bild geraderückt.
In Nairobi komme ich nachmittags an, und als der Bus schließlich hält habe ich keinen Schimmer wo zum Teufel ich mich befinde. Das ist nie gut, aber in Nairobi schon mal gar nicht. Die Straßen sind riesige rotmatschige Pfützen, ich trage Flipflops. Wie soll ich in diesem Moloch einen Bus nach Kisumu finden?
Der Busfahrer hatte die Reisegesellschaft die ganze Fahrt über mit seinen islamischen Missions-CDs beglückt, wo Kinder fröhlich Allahu Akbar singen und von der wahren Wahrheit erzählen. Doch als ich ratlos in meiner Pfütze stehe, derangiert dem chaotischen Verkehr von Lastenträgern und Motorbikes ausweichend, da ist er der Einzige, der Erbarmen mit dem jämmerlichen Klys hat. Tapfer verteidigt er mich vor den Jungs, die mir überteuerte Privattaxis andrehen wollen, springt mit mir über die rostroten Seen, die sich mal Straße nannten, und setzt mich irgendwann mit guten Tipps versehen in ein lokales Gefährt, nicht ohne dem Fahrer zu sagen, wo er mich rausschmeißen soll.
Ein guter Muslim. Einer von vielen, die ich kennengelernt habe. Die freundlichsten und hilfreichsten Menschen der Welt. Danke!!!
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Dieser Gastbeitrag von Johannes ist ein Teil des Funkloch Adventskalenders 2015, bei dem Reisende über “Gutes tun” berichten.
Eine Übersicht aller Adventskalender-Beiträge findet ihr hier.
Johannes Klaus ist freier Grafiker, Texter, Freidenker, Genießer des Lebens und vor allem eines: Reisender. Sein reisendes Leben begann damit, dass er seinen Job als Grafiker aufgab, um 14 Monate um die Welt zu reisen. Aktuell reist er durch Afrika. Einen besonderen Überblick über seine Reisen bekommt ihr auf seinem neuen Blog The Travel Episodes, der aufgrund seiner besonderen audiovisuellen Aufbereitung absolut zu empfehlen ist! Klickt mal rein!
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