Brunnenbauertagebuch. #7

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20 Mrz

Brunnenbauertagebuch. #7

20. März 2016

vom 12. bis 19. März
Nach der harten Arbeit an der Trenchline folgten in den letzten Tagen eher organisatorische Aufgaben und Supervision des Projektes. Anstatt Muskelkater und schmerzende Hände zu haben, übten wir uns in Geduld und Durchhaltevermögen.

Samstag, 12. März

Am Samstag gaben wir Schilder zur Markierung der Trenchline in Auftrag. Da der Graben durch zahlreiche Anbauflächen geht, wollen wir sicher stellen, dass die Wasser- und Stromleitung nicht durch die landwirtschaftliche Arbeit beschädigt wird. Wir überlegten uns eine Markierung durch Nutzpflanzen, welche sich von den anderen Pflanzen abheben. Nach Rücksprache mit Father fiel die Entscheidung auf Elefantengras, das u.a. auch an Tiere verfüttert werden kann.
Nach dem ersten Waschgang saßen wir am Abend mit der Familie von Father zusammen und aßen gemeinsam. Es ist schön so herzlich bei allem willkommen zu sein und mit eingebunden zu werden. Es sind solche Gespräche bei denen wir viel über das Leben der Leute und das Land erfahren. Gegen 22 Uhr verabschiedeten wir uns um zwei Reden in den morgigen Messen vorzubereiten.

Steffen-Hannes-waschen-Wäsche© Hannes Schwessinger
Wäsche-waschen-Afrika© Hannes Schwessinger

Sonntag, 13. März

Gefühlt mitten in der Nacht mussten wir aufstehen und übertragen auf die deutsche Zeit, war es auch wirklich mitten in der Nacht, als wir uns für die erste Messe des Sonntags vorbereiteten. Die erste der beiden Messen richtet sich in Nandere immer an die Schüler und Studenten und ist vergleichsweise mit einer Dauer von 1 ½ Stunden relativ kurz.
Wir „genossen“ die Messe auf Luganda und klatschten verwirrt in die Hände oder lachten mit, wenn die anderen auch lachten, nicht wissend was da eigentlich gerade vorne geschieht/gesagt wurde. Zum Ende folgte eine Ansprache in Englisch bei der wir nach vorne gebeten wurden. Nervös gleich vor 600 Menschen eine Rede zu halten, stellten wir uns ans Pult. Wir bedankten uns bei allen, dass sie uns so herzlich willkommen geheißen hatten und für die Obhut Father Josephs. Nachdem wir uns für alle, die uns noch nicht kannten, noch einmal vorgestellt hatten, kamen wir zu unserem eigentlichen Anliegen. Wir wollten den Menschen ein Update zu dem derzeitigen Stand des Projektes geben und sie von unserem Vorhaben ein Water Committee zu initiieren unterrichten. Außerdem hatten wir die Bitte uns noch einmal am Montag bei der Ausbesserung der Trenchline zu unterstützen.
Es folgte eine zweite Rede in der darauffolgenden Messe, der die älteren Dorfbewohner beiwohnten, die nicht mehr in die Schule gehen.

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© Hannes Schwessinger
Geschlaucht von 6 Stunden Kirchenzeremonie auf Luganda stolperten wir ins Tageslicht.
Um dem Trubel aus dem Dorf zu entfliehen unternahmen wir eine 4 stündige Wanderung durch Nanderes Umgebung und fielen nach dem Abendbrot tot ins Bett.

Kinder-Fahrrad-Uganda© Hannes Schwessinger

Montag, 14. März

Enttäuscht, dass unsere Hilfsbitte des Vortages nichts gebracht hat, gingen wir in der üblichen Konstellation (Steffen, Emma, Father und Hannes) los, um den Graben für die Leitungen auszubessern.
In der Mittagshitze machten wir einen Plan mit Meilensteinen des Projektes, die noch zu erledigen sind. Auch wenn hier letztendlich alles immer irgendwie läuft waren wir die Ungewissheit satt und legten feste Termine mit Father und allen Projektinvolvierten fest. Verwundert und ein wenig überrumpelt wurde dies jedoch so hingenommen und wir waren glücklich über einen durchorganisierten, vorbildlichen, deutschen Masterplan für die nächsten Wochen.
Gegen Abend wohnten wir einer Hausmesse mit anschließendem Essen und Trinken bei, um hinterher in Wobulenzi (größter Ort in der Nähe Nanderes) Erledigungen durchzuführen.

Dienstag, 15. März

Mit der Gewissheit, dass nun die Wasser und Stromleitung gelegt werden kann, begannen wir den Dienstag entspannt und kümmerten uns nach einem ausgiebigen Frühstuck, um einen Vertragsentwurf mit Regeln und einer Checkliste für das Water Committee. Das Komitee soll die Verantwortung für den Brunnen übernehmen und für seinen Erhalt sorgen. Es besteht aus je einem Mitglied aus den Hauptinstitutionen Nanderes (der Pfarrerei, den Schulen, dem Konvent, Krankenhaus …) und uns.
Das Water Committee verfügt über ein Konto, auf das die monatliche Wassergebühr (40.000 UGX – ca. 12 € pro Institution) eingezahlt wird und von dem Reparaturen und Erweiterungen bezahlt werden sollen. Ein Startkapital wird ebenso von uns gestellt.
Weiterhin stellt das Komitee einen Arbeitsplatz zur Verfügung, der die Aufsicht über die öffentlichen Wasserentnahmestellen hat. Die Checkliste wird jeden Monat abgearbeitet und uns übersandt. Dabei handelt es sich um die Dokumentation des Wasserverbrauchs und Pumpleistung sowie der Sauberhaltung und Inspektion des Brunnens. Außerdem soll das Komitee ihr Wissen über den Brunnen und Brunnenbau (wir überreichen dazu eine Anleitung) an andere bedürftige Orte weitergeben.
Abends drehten wir unsere übliche Runde durchs Dorf.

Nandere_Dorf_Uganda© Hannes Schwessinger

Mittwoch, 16. März

Am Mittwoch zeigte Emma uns seinen Blick aufs Dorf (sowie seinen Acker und sein Backstein-Gewerbe) und zeigte uns den naheliegenden Wald.

Backstein-Produktion© Hannes Schwessinger

Neben vielen interessanten Eindrücken und Gesprächen, sahen wir vor allem Colobus Affen in ihrem natürlichen Habitat und lernten wie man mit einem Gummibaum einen Autoreifen repariert, sowie was man nach einem Biss von einer Schlange schnellstmöglich zu tun hat. Seine Tipps waren besonders wichtig, wenn gerade kein Krankenhaus in der Nähe ist. Die Schlangen in Uganda scheinen ein echtes Problem für die Bevölkerung zu sein. Daher gehen Ugander zur Mittagszeit, wenn die Sonne am meisten Kraft hat, nicht in den Wald und vermeiden die von Schlangen bevorzugten Plätze.
Bei den Schlangen handelt es sich um zahlreiche Cobra-Arten, Mambas, Pythons, Puff-Adern, Grüne Baumschlangen sowie um die zwei giftigsten Arten Afrikas: die Boomslang Natter und die Twig Snake.
Wenn man gebissen wurde und ein Krankenhaus in der Nähe ist, hat dies eigentlich immer ein Gegengift vorrätig.
Wenn nicht, muss die Stelle abgebunden und das Gift rausgesogen werden.
Ist kein Krankenhaus in der Nähem sollte die Biss-Stelle sofort abgebunden und drigend Hilfe geholt werden.
Am Abend trafen wir den Leiter der Brunnenbau-Firma und führten ein ernstes Gespräch mit ihm, bei dem wir ihn noch einmal inständig auf unseren Vertrag und das Fertigstellungsdatum des Brunnens hinweisen mussten. Deadlines werden hier generell nicht ernst genommen à la „Jaaaa Kleinigkeiten können wir ja dann immer noch nach dem 29.03.2016 machen. Z.B. den Deckel des Brunnens …“.
Nach der Brunnenarbeit freuten wir uns auf ein paar Tage Abstand zum physischen Teil des Projekt und so stand ein Abschied in Kampala, ein Ausflug nach Entebbe und noch einiges mehr an.

Donnerstag, 17. März

Am Donnerstag fuhren wir nach Kampala, um ein Steinschild mit Gravur für den Brunnen in Auftrag zu geben. Es ist immer wieder faszinierend. Man fährt die ganze Zeit durch die Stadt mit Father und auf einmal macht man irgendwo Halt ohne zu wissen wo man ist und steht dann vor einem winzigen Laden, der genau diese Gravuren macht …
Völlig verspätet, wieder einmal aufgrund des chaotischen Verkehrs, kamen wir bei Anual Energy an. Hier sollte Mark verabschiedet werden. Ein Franzose, der vier Monate für eine deutsche Solarfirma im Luwero District gearbeitet hat. Und wie kann man sich hier besser verabschieden als mit einer spontanen Privatmesse?! 😀
Sie fand im Büro von Anual Energy statt, mit provisorischem Chor (Laptop und einer sehr witzigen Frau) und einer Angestellten als Leserin. Dies war unsere erste Messe auf Englisch und so konnten wir endlich einmal die ganze Prozedur nachvollziehen.
Anschließend gab es ein Abschiedsessen in einer sehr schönen und unterhaltsamen Runde. Gefolgt von ein paar Drinks in einer Rooftop-Bar.

Freitag, 18. März

Freitags ist Markttag in Wobulenzi, der ein reges Treiben versprechen sollte, was wir uns nicht entgehen lassen wollten. Außerdem wollten wir die Chance nutzen und für ein Abendessen einkaufen, um uns für die Fürsorge der letzten Wochen zu bedanken. Statt des üblichen Essens mit Kohlenhydraten mit Kohlenhydraten und Kohlenhydraten mit ein wenig Kürbis (siehe Stevens Blogeintrag vom 07.03.) sollte es einmal mehr Gemüse geben. Dies lässt sich auch in einer Vielzahl auf dem Markt finden und ist billig. Es liegt wohl einfach an dem fehlendem Einfluss, dass die Menschen in Uganda Gemüse so gut wie gar nicht in ihren Gerichten unterbringen.
Wir kochten zusammen mit Colline, der für uns das Chapati (ein sehr leckerer Teigfladen aus dem auch Rolex gemacht wird) machte. Die Leute aus dem Parish waren begeistert von unserem Ratatouille und wir mussten versprechen noch einmal für sie zu kochen.

Samstag, 19. März

Früh machten wir uns auf nach Entebbe, um dort in den Zoologischen Garten zu gehen und hinterher an den Stränden Entebbes die Seele baumeln zu lassen.
Auf dem Weg dorthin nahmen wir noch eine Freundin mit.
Der Zoo dient den Schülern Ugandas dazu mehr über die Flora und Fauna ihres Landes zu erfahren. Das wollten wir uns nicht entgehen lassen, zu mal Hannes sich nach erfolgreicher Beendigung des Projektes noch 14 Tage auf Safari in Ugandas Nationalparks begeben will.

Affen Arsch© Hannes Schwessinger

Die Sonne war schon am Untergehen und so entschlossen wir uns satt Sonnenbaden lieber eine der zahlreichen Bars am Strand auszusuchen. Wir fuhren zum „Spennahs Beach“, den wir nur empfehlen können. Zwar kostet er am Wochenende 5000 UGX Eintritt, aber die sind es allemal Wert. Unter der Woche ist der Eintritt frei. Und so genossen wir ein paar Bier bei einem wunderschönen Sonnenuntergang am Lake Viktoria, der uns, durch seine Ausmaße, fast vorkam als würden wir am Meer sitzen.
Die Halbzeit des Projektes ist erreicht und wir fiebern den ersten Tests des Brunnens entgegen. Momentan hat der Brunnenschacht eine Tiefe von 10-11 m und eine Wassersäule von 4,1 m. Leider wird der Sauerstoff unten im Schacht knapp und so suchen wir gerade nach einfachen Lösungen den Arbeitern unten Sauerstoff zu zuführen, durch Schläuche mit breiten Durchmessern und etwas, was die Luft von oben nach unten drückt. Ebenso ist der Boden unten härter als gedacht, was mehr Zeit benötigt. Hierfür wurden Arbeitern neue Geräte zur Verfügung gestellt. Das Mauerwerk im Schacht wächst stetig an und schützt so die Arbeiter im Brunnen.
Grüße aus dem wunderschönen Uganda,
Steffen und Hannes
Mehr richtig tolle Bilder aus Uganda findet ihr übrigens auf Hannes Fotoblog.

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Kommentare
  • Franziska via KeineWeltreise
    28. März 2016, 4:52

    Hallo Steffen und Hannes!
    Ich bewundere euer Engagement sehr und fühle mit euch die schmerzenden Gliedmaßen, wenn ich über eure Plackerei lese. Mich interessiert, ob es euch manchmal frustriert, wenn aus der Gemeinde vor Ort keine Hilfe kommt, obwohl das Projekt ja ihnen selbst zukommen wird? Natürlich ist die Mentalität dort eine ganz andere, aber wir als Deutsche können ja auch nicht aus unserer Haut – seid ihr auch manchmal enttäuscht?
    Auf Anhieb habe ich nicht gefunden, inwieweit ihr eurer Spendenziel schon erreicht habt. Vielleicht wären Infos dazu angetan, dass sich noch mehr Leute zur Spende entschließen!
    Ich freue mich auf weitere News von eurem spannenden Projekt!
    Liebe Grüße
    Franziska

    • Steffen und Hannes
      4. April 2016, 10:30

      Vielen Dank Franziska, du schmeichelst uns sehr.
      Zu deiner Frage: Natürlich frustiert das und endete nicht allzu selten in zerbrochenen Spitzhacken oder Schaufeln. Die Arbeitsmoral ist nicht zu vergleichen mit unserer und immer wieder ein großes Problem bei den Projekten hier. Es hilft nur, es bei den Planungen im Hinterkopf zu haben und dann zu versuchen durch ständiges Entgegenwirken an sein eigenes Ziel zu kommen. Weiter kommt man bei der jungen Generation. Sie sind interessiert und bewundern einen. Sie nehmen sich die Worte zu Herzen. Bei den Älteren erreicht man leider recht wenig. Das ist zumindest meine Erfahrung aus anderen Projekten.
      Vielen Dank für deinen Kommentar!
      Hannes

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Steven Hille

Steven ist der Autor des nachhaltigen Reiseblogs Funkloch. Irgendwann dachte er sich, dass er nur noch Projekte realisieren sollte, die einen guten Nutzen haben. Aus dieser Idee heraus sammelte er Spenden für ein Tigerbaby, unterstützte ein nationales Bienenprojekt, baute einen Brunnen in Uganda und gründete mit Freunden die NGO WeWater, die sich für sauberes Trinkwasser einsetzt.

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